Shake your Style.

07.02.2010

Andi - dem Bösen auf's Maul

Vor ein paar Wochen bin ich auf ein wirklich putziges Comic gestoßen: Andi - Tage wie dieser. Schaut's euch an, eigentlich erübrigt sich jedweder weiterer Kommentar. Doch eines: Wenn gescheiterte Politikwissenschaftsstudenten mit Buntstift und Fineliner Amok laufen, dann kommt wohl sowas bei raus. Auf freundliche Nachfrage von NRW-Innenminister Ingo Wolf (CDU).


Na gut, so viel sei noch gesagt: Ich habe prinzipiell nichts gegen die zum Zwecke politischer Bildung Minderjähriger vereinfachte Darstellung politischer oder gesellschaftlicher Phänomene, aber hier geht's mir doch deutlich zu weit. Das Ganze ist wieder einmal dermaßen realitätsfern, wer soll damit denn erreicht werden? "Eisenheinrich"... Ich fass es nich.

4 Kommentare:

michael matschie hat gesagt…

Georg, ich mache mir zusehens Sorgen wegen einer ungerechtfertigten und schamlos überzogenen Polemik in deinen letzen Beiträgen hier. Der Komik ist doch im übel. Ich würde ihn sogar als pädagogisch wertvoll bezeichnen. Das hier Steroetpyen gezeichnet werden die mit gut und böse etiketiert werden, erkennt doch auch ein 16-jähriger, der die Zielgruppe dieses Komiks ist. Es ist doch zu befürworten dass ein modernes Medium benutzt wird um vor extremistischen Positionen zu warnen.

Ich finde hier den Herausgeber viel interesanter als die platte Story, der Verfassungsschutz-NRW. Was sagt man dazu?

clem hat gesagt…

Ich finde sogar, dass die Einschübe zwischen den Bildern recht neutral sind.
Beispiel:
Eine demokratische Linke verfolgt ein politisches Leitbild,
das die sozialistischen Grundwerte (...) auf freiheitlich demokratischem
Wege (...) zu verwirklichen sucht. Linksextremisten
dagegen streben die Überwindung der durch das Grundgesetz vorgegebenen Staats- und Gesell-
schaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland an.
„Links“ zu sein hat also erstmal gar nichts damit zu tun, Extremist zu sein.

georg hat gesagt…

Michau, sollten deine Sorgen anhalten und diese sogar ernst gemeint sein, so schreib mir doch persönlich. Meine Mail-Adresse hast du. Und vielleicht gibt's du mir dann auch gleich konkrete Hinweise. Damit könnte ich im Anschluss u.U. etwas anfangen und entweder deinen Sorgen zeigen, dass sie unbegründet sind, oder mich bessern. Je nachdem. Ich verzichte hier auf Weiteres (vielleicht endgültig polemisches), obwohl es mir schwer im Magen liegt.

Zum Comic: Als pädagogisch wertvoll es zu bezeichnen halte ich aus folgenden Gründen für verfehlt.

Erstens
Durch die relativ gleichmäßige und -berechtigte Konzentration auf die drei bekannten Formen politischen Extremismus' in Deutschland (Rechts, Links, Islam) wird eine Denkschule der Extremismusforschung unterstützt, die jene drei Extremismusformen vorrangig unter einenden Faktoren betrachtet. Was als durchaus interessanter Ausgangspunkt gelten kann, führt aber dazu, dass jene Verfechter dieser Richtung (als nahe liegendes Beispiel sei der Chemnitzer Politologe Prof. Jesse genannt) in der Regel zu sehr undifferenzierten Schlüssen kommen. So werden va. Rechts- und Linksextremismus als weitgehend ähnlich gefährlich eingestuft. Viele andere Extremismusforscher – und ich unterstütze diese Sicht – gehen aber davon aus, dass man hierbei von teilweise völlig unterschiedlichen Phänomenen sprechen muss. Es fängt bei den zu Grunde liegenden Ideologien an, geht über Menschenbilder, Überschneidungen und Interaktionen bis hin zur Gewaltbereitschaft, Organisationsstrukturen etc. Was mich im Zusammenhang mit dem Comic nun stört: Seit Jahren gibt es eine Diskussion, Gelder für die Extremismusprävention gleichmäßiger aufzuteilen. D.h., Gelder für den Kampf gegen Rechtsextremismus zu kürzen. Doch: De facto hat Deutschland ein weitaus größeres Problem mit Rechts- als Linksextremismus. Mit dem Comic wird aber eine andere, nunmehr nicht nur wissenschaftliche, sondern politische Vorstellung postuliert. Damit einher geht auch der äußerst bedenklicher Trend, im linken Spektrum angesiedelte Jugendhäuser und Kultureinrichtungen weniger zu fördern, zu behindern oder gar zu schließen, besonders in den Unions- geführten Ländern. Damit einher geht weiter eine in der öffentlichen iskussion völlig verzehrte Auffassung von den tatsächlich existierenden Gefahren politischen Extremismus.

Zweitens
Zurück zum Comic. Ich finde die Gestaltung, die Ausdifferenzierung der Charaktere einfach schlecht. Dies führt mich zum Punkt der Realitätsferne: Welcher (gefährdete)! Sechzehnjährige wird sich mit denen identifizieren können? Das ist jedenfalls mein Eindruck, ein wenig wundere ich mich, dass offensichtlich nur ich das so sehe, aber gut. Zumal: Im Hinblick auf Rechts- und auch Linksextremismus ist der Osten Deutschlands weitaus gefährdeter. In welcher Klasse (außer in Berlin) besteht die Hälfte der Schüler aus Türken oder anderen mit Migrationshintergrund? Also: Ich spreche hier dem Comic noch einmal ganz klar ab, irgendetwas zu bewirken. Und bewirken würde er nur etwas, würden antiextremistische (oder genauer: antantidemokratische) Werte besser transportiert. Das passierte aber nur, wäre angesprochene Identifikation gegeben.

Nun: ich habe auch nichts dagegen, ganz im Gegenteil, ein modernes Medium zu nutzen, um vor Extremismus zu warnen. Denn, dass dies eine streitbare Demokratie tun muss, steht außer Frage. Aber bitte nicht so. Natürlich sind die Erklärungen am Seitenende nicht immer schlecht oder wenig neutral. Habe ich ja auch nicht behauptet, tut aber m.M.n. wenig zur Sache.

michael matschie hat gesagt…

zu georgs erstens: Es ist ein absurder Vorwurf dass undifferenzierte Schlüsse gezogen werden, wenn der methodische Ansatz auf der Betrachtung von Gemeinsamkeiten beruht. Das ist natürlich nur eine fachliche Spitzfingrigkeit.

zu zweitens: Die stilistischen Mängel dieses Comics sind nicht von der Hand zu weisen. Aber es ist eben keine Unterhaltungslektüre für Teenager, sondern hat eine pädagogische Sensibilisierung für ein ernstes und politisch ausgeladenes Thema. Soweit sind wir uns sicherlich einig. Das ein "gefährdeter" Jugendlicher dieses Comics lachend bei seite legt, kann ich auch nicht bezeifeln. Allerdings besteht Prävension nicht allein darin dass Extemisten und ihre Sympatisanten ihre Positionen entschärfen oder ganz aufgeben. Es ist auch ein wichtiger Punkte den "normalen" Jungendlichen zu sensibilisieren so dass er Extremismus erkennt und sich davon abgrenzen kann. Um es mit anderen Worten zu sagen: Die Zielgruppe dieses Comics sind Geschwister, Freunde oder Klassenkameraden von gefähreten Jugendlichen, nicht der unverbesserliche Extremist selbst. Unter diesem Gesichtspunkt halte ich den Comic weiterhin für pädagogisch wertvoll.

Prävensionsarbeit im Bereich des politischen Extremismus darf sich nicht nur darauf beschränken Aussteigerprogramme und alternative Kulturräume bereitzustellen, sondern muss auch dafür Sorge tragen dass der Rest der Bevölkerung derartige Probleme identifizieren kann und sich nicht mit dulden oder wegsehen begnügt. Comics wie dieses tragen meiner bescheiden Meinung dazu bei.