Shake your Style.

26.05.2009

Snow Cake

Wow, ein wunderbarer Film!

Ein einsamer und vom Leben mitgenommener alter Mann nimmt auf dem Weg zu seinem unbekannten Ziel eine junge Frau mit. Das Auto kollidiert mit einem Truck, das Mädchen stirbt. Er macht sich auf den Weg zu ihrer autistischen Mutter und bleibt schließlich bis Dienstag, dem Tag, an dem der Müll runtergebracht werden muss.

Neben den grandiosen Bildern, den skurillen Ereignissen und der melancholischen, aber keinesfalls depressiven Atmosphäre, kann die schauspielerische Leistung nur als fantastisch beschrieben werden.



Ein mit Nachdruck zu empfehlendes Filmkunstwerk!

05.05.2009

La maison en petits cubes

03.05.2009

Uns geht's doch gut!

In Anlehnung an meinen letzten Post „Vom Opiumbrot bis zur Nadel“

Ein nicht ganz so offensichtlicher Aspekt von Abhängigkeit ist die chronische Behandlung von Krankheiten die in manchen Ländern der Welt niemand kennt.

Nur mal als Beispiel:
Bluthochdruck, welcher mittlerweile als häufigster Symptom- und Risikofaktor der Industrienationen gilt und aufgrund der Gefahr von Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes… als Behandlungsbedürftig eingestuft wird, stellt gar keine eigentliche Krankheit dar. Neben Bequemheit, Uneinsichtigkeit und dem Einfluss der Gesellschaft, Lebensmittelindustrie, etc. wird die Bevölkerung davon abgehalten, dass 1. Maßnahmen wie Gewichtsreduktion, Bewegung, Einstellung des Rauchens, Stressabbau… den Körper zurück ins Gleichgewicht bringen.
Hej und an Medikamente gewöhnt sich der Körper doch schnell. Vom Absetzen brauchen wir doch erstmal nicht sprechen.

Gefolgt von unserem eigenem Empfinden drängt der Mensch sich eine Lebensweise auf, die nicht seiner ursprünglichen Natur entspricht, angefangen von Kinderüberraschung bis zu schnellen Autos und dem hohen Leistungsdruck im Arbeitsbereich, der in seltenen Fällen psych. und phys. Ausgleich birgt. Evolutionär gesehen bleibt keine Zeit um sich anpassen zu können und geleitet von diesen Richtlinien und dem Gedanken „mein Lebensstandard steigt ja!“ geht, vielleicht nicht offensichtlich aber genauer betrachtet schon, der Lebensstandard Stück für Stück verloren.
Wenn dann die Zuckerwerte hochschnellen und der Blutdruck auf 180 ist, ist doch die bessere Option mit Tabletten anzufangen um den Standard zu erhalten und nicht dummerweise mit dem Fahrrad bei unter 10°C auf Arbeit zu fahren. Die 2,3 Nebenwirkungen sind schon irgendwie aushaltbar und außerdem gibt’s ja zur Not dagegen auch noch was.

Hej und jetzt ist der Arzt und die Pharmaindustrie dran, die wollen doch auch verdienen und die nächsten 40 Jahre früh und morgens eine Tablette mit der fantastischen Aussicht „da kommen sicher noch mehr dazu“ lassen hoffen…
Sieht für unsere Industrieriesen gut aus, wenn die Pharmaindustrie mit den Kapselstecken beginnt, machen Ferrero und Schindler-Aufzüge gerne weiter, damit die Produktion niemals stoppt. Immer getreu dem Motto „Wir wollen doch nur ihr Bestes.“
…und manchmal bürgen sie sogar extra mit ihrem Namen…

02.05.2009

Fahrrad, Wald und Musik

Vor drei Stunden entschied ich mich kurzentschlossen zu einer Fahrradtour. Das Wetter versprach gut zu bleiben und der Drang Raus zu kommen tat sein Übriges.

Aber weder wollte ich den blauen Himmel, noch die frische Brise genießen, nein, ich dachte eher an Frust raus und verbissen nach vorn. So richtig bescheuert auspowern halt. Jaja, als ich dann aber im Chemnitzer Zeisigwald war und an super einsamen und noch ungekannten Stellen vorbeikam, da musste ich über mich selber lächeln. Nein, so viele glitzernde Wiesen, reflektiertes Licht in den Baumkronen, verschlungene Pfade und ein absolut abgefahren deftiges Grün um mich herum waren der Melanche haushoch überlegen.

So wurde es dann auch eine zwar gut anstrengende, nichts desto Trotz schöne Fahrt in seliger Zufriedenheit. Unterlegt mit wundervollem Sound (Danke dem Herren Weierstrass!) kam ich wieder ein bisschen zu mir und musste erneut feststellen, dass es manchmal nicht viel bedarf, das Leben zu feiern.



Emancipator - First Snow



Emancipator - Maps

Cormac McCarthy - Die Straße

"Er lag da und lauschte dem im Wald tropfenden Wasser. Muttergestein, das. Die Kälte und die Stille. Die Asche der vorigen Welt von den rauen, irdischen Winden in der Leere hin- und hergeweht. Herangeweht, verstreut und abermals herangeweht. Alles aus seiner Verankerung gelöst. Ohne Halt in der aschenen Luft. Getragen von einem Atemhauch, zitternd und kurz. Wenn nur mein Herz aus Stein wäre."


Ein Vater und sein Sohn in einer toten Welt. Hier erklimmt die postapokalyptische Literatur ungekannte Höhen. Liest sich wie ein Manifest des Untergangs und ist zugleich eine Hommage an die Liebe und das Leben. Auf ihrem Weg nach Süden, verfolgt von Kälte und Hunger und Überlebenden im Überlebenskampf und der bleiernen Hoffnungslosigkeit, wandern Vater und Sohn, der Mann und der Junge, durch ein Land am Ende der Welt. Immer entlang der allgegenwärtigen Straße, sich des Nacht in toten Wäldern, ausgebrannten Scheunen oder Autowracks versteckend. Ab und an finden sie in noch nicht geplünderten Lagern Essbares.

"Auf dieser Straße gibt es keine Männer, aus denen Gott spricht. Sie sind fort, ich bin allein, und sie haben die Welt mit sich genommen. Frage: Worin unterscheidet sich, was niemals sein wird, von dem, was niemals war?"

Es ist die eindringlich Sprache McCarthys (lohnenswert wäre sicherlich, das Buch im englischen Original noch einmal zu lesen), die dem Werk eine beinahe erleuchtende Wirkung gibt. "Keine Listen von Dingen, die zu erledigen waren. Der Tag nicht über sich selbst hinausweisend. Die Stunde. Es gibt kein Später. Das ist das Später. Alles Anmutige und Schöne, das einem am Herzen liegt, hat einen gemeinsamen Ursprung im Schmerz. Wird aus Trauer und Asche geboren. So, flüsterte er dem schlafenden Jungen zu. Ich habe dich."

Eine unendlich traurige Erzählung, in der sich das hinweggewischte Leid mit dem hinweggewischtem Glück zu einem mitnehmenden Epos summiert, spannend und erschütternd.

"Er lag da und betrachtete den am Feuer sitzenden Jungen. Er wollte sehen können. Sieh dich um, sagte er. In der langen Chronik der Erde gibt es keinen Propheten , dem hier und heute nicht die Ehre erwiesen würde. In welcher Form du auch gesprochen hast, du hattest recht."

Mir gefielen vor allem die spartanischen Dialoge ausgesprochen gut. Ich habe in einem Buch nur selten mit weniger Worten mehr ausgedrückt erlebt.

"Was ist denn?, fragte der Junge.
Ich weiß, dass du geglaubt hast, wir würden sterben.
Ja.
Aber wir sind nicht gestorben.
Nein.
Okay.
Darf ich dich was fragen?
Klar.
Wenn man ein Vogel wäre, könnte man so hoch fliegen, dass man die Sonne sieht?
Ja.
Das dachte ich mir. Das wäre wirklich toll.
Ja, das wäre es. Bist du soweit?
Ja.
Was ist eigentlich aus deiner Flöte geworden?
Die habe ich weggeworfen.
Du hast sie weggeworfen?
Ja.
Okay.
Okay."

Cormac McCarthy hat neben The Road noch einiges geschrieben, das sicherlich einmal einen Blick wert sein wird, bspw. No Country for Old Men, welches dem gleichnamigen grandiosen Film Vorläufer war, oder die viel gerühmten Werke All the Pretty Horses und The Crossing.

01.05.2009

Schule als Instrument der Entfremdung

Ivan Illich hat 1970 ein Buch geschrieben, in dem er eine radikale Einstellung gegenüber dem öffentlichen Bildungswesen darlegt. Darin soll stehen, warum die Schule (als Institution) nicht etwa reformiert sondern sogar abgeschafft gehört. Da dachte ich, das muss ein gesellschaftstheoretisches Buch sein, wie es mir gefallen könnte: nicht zu zimperlich, schön links und (das allerwichtigste...) ein Thema mit Pfiff. Also bin ich in der Universitätsbibliothek hinabgestiegen in das Reich der Erziehungswissenschaft und habe mir das kleine gelbe Taschenbuch ausgeliehen. Im Moment bin ich mit dem Buch noch nicht fertig, und es ist ziemlich grenzwertig. Aber trotzdem kann man sich an der Radikalität der Ideen und der feindseligen Sprache besser wärmen als an jeder brennenden Mülltonne. Und diese Wärme möchte ich mit euch anhand einiger ausgesuchter Ausschnitte teilen.

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Es liegt doch auf der Hand, daß, selbst wenn es Schulen von gleicher Qualität gäbe, ein armes Kind nur selten mit einem reichen mithalten kann. Selbst wenn sie die selbe Schule besuchen und im gleichen Alter eingeschult worden sind, fehlen dem armen Kind doch die meisten Bildungsmöglichkeiten, die dem Kind aus bürgerlichem Hause ganz selbstverständlich zur Verfügung stehen. Diese Vorteile reichen von Gesprächen und Büchern im Elternhaus bis zu Ferienreisen und einem anderen Selbstgefühl; sie gelten für das Kind, dem sie zuteil werden, innerhalb wie außerhalb der Schule.

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Der Austausch von Fertigkeiten und das Zusammenführen von Partnern beruhen auf der Annahme, daß Bildung für alle auch Bildung durch alle bedeutet.

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Theologen haben seit Bonhoeffer auf die Konfusion hingewiesen, die heute zwischen biblischer Botschaft und institutionalisierter Religion herrscht. Sie weisen auf die Erfahrung hin, daß christliche Freiheit und christlicher Glaube gewöhnlich aus der Säkularisierung Nutzen ziehen. [...]
Fraglos wird der Bildungsprozeß ebenso aus der Entschulung Nutzen ziehen, obwohl solche Forderung vielen Schulmännern wie ein Verrat an der Aufklärung vorkommt. Es ist aber gerade die Aufklärung, der heute in unseren Schulen der Todesstoß versetzt wird.

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Die Entscheidung der Gesellschaft, Bildungsmittel vornehmlich denjenigen Bürgern zuzuteilen, die die außergewöhnliche Lernfähigkeit ihrer ersten vier Lebensjahre bereits hinter sich gelassen, den Höhepunkt selbstmotivierten Lernens aber noch nicht erreicht haben, wird später einmal wahrscheinlich als absurd empfunden werden.

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Den größten Teil dessen, was wir wissen, haben wir alle außerhalb der Schule gelernt. Schüler lernen das meiste ohne ihre Lehrer und häufig trotz diesen. Am tragischsten ist, daß die meisten Menschen ihren Denkzettel durch Schulen erhalten – selbst wenn sie niemals eine Schule besuchen.

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Die Behauptung, die moderne Schule könne Keimzelle einer liberalen Gesellschaft sein, ist widersinnig. Alle Sicherungen der persönlichen Freiheit werden im Umgang eines Lehrers mit seinem Schüler aufgehoben. Vereinigt der Lehrer in seiner Person die Rollen des Richters, des Ideologen und des Arztes, so wird die für die Demokratie charakteristische Gewaltenteilung gerade in der Schule verleugnet.

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Das meiste Lernen ist nicht das Ergebnis von Unterweisung. Es ist vielmehr das Ergebnis unbehinderter Interaktion in sinnvoller Umgebung. [...] Lassen junge Menschen es ersteinmal zu, daß ihre Phantasie durch lehrplanmäßigen Unterricht reguliert wird, so werden sie für institutionelle Planung jeglicher Art konstitutionalisiert.