Shake your Style.

02.05.2009

Cormac McCarthy - Die Straße

"Er lag da und lauschte dem im Wald tropfenden Wasser. Muttergestein, das. Die Kälte und die Stille. Die Asche der vorigen Welt von den rauen, irdischen Winden in der Leere hin- und hergeweht. Herangeweht, verstreut und abermals herangeweht. Alles aus seiner Verankerung gelöst. Ohne Halt in der aschenen Luft. Getragen von einem Atemhauch, zitternd und kurz. Wenn nur mein Herz aus Stein wäre."


Ein Vater und sein Sohn in einer toten Welt. Hier erklimmt die postapokalyptische Literatur ungekannte Höhen. Liest sich wie ein Manifest des Untergangs und ist zugleich eine Hommage an die Liebe und das Leben. Auf ihrem Weg nach Süden, verfolgt von Kälte und Hunger und Überlebenden im Überlebenskampf und der bleiernen Hoffnungslosigkeit, wandern Vater und Sohn, der Mann und der Junge, durch ein Land am Ende der Welt. Immer entlang der allgegenwärtigen Straße, sich des Nacht in toten Wäldern, ausgebrannten Scheunen oder Autowracks versteckend. Ab und an finden sie in noch nicht geplünderten Lagern Essbares.

"Auf dieser Straße gibt es keine Männer, aus denen Gott spricht. Sie sind fort, ich bin allein, und sie haben die Welt mit sich genommen. Frage: Worin unterscheidet sich, was niemals sein wird, von dem, was niemals war?"

Es ist die eindringlich Sprache McCarthys (lohnenswert wäre sicherlich, das Buch im englischen Original noch einmal zu lesen), die dem Werk eine beinahe erleuchtende Wirkung gibt. "Keine Listen von Dingen, die zu erledigen waren. Der Tag nicht über sich selbst hinausweisend. Die Stunde. Es gibt kein Später. Das ist das Später. Alles Anmutige und Schöne, das einem am Herzen liegt, hat einen gemeinsamen Ursprung im Schmerz. Wird aus Trauer und Asche geboren. So, flüsterte er dem schlafenden Jungen zu. Ich habe dich."

Eine unendlich traurige Erzählung, in der sich das hinweggewischte Leid mit dem hinweggewischtem Glück zu einem mitnehmenden Epos summiert, spannend und erschütternd.

"Er lag da und betrachtete den am Feuer sitzenden Jungen. Er wollte sehen können. Sieh dich um, sagte er. In der langen Chronik der Erde gibt es keinen Propheten , dem hier und heute nicht die Ehre erwiesen würde. In welcher Form du auch gesprochen hast, du hattest recht."

Mir gefielen vor allem die spartanischen Dialoge ausgesprochen gut. Ich habe in einem Buch nur selten mit weniger Worten mehr ausgedrückt erlebt.

"Was ist denn?, fragte der Junge.
Ich weiß, dass du geglaubt hast, wir würden sterben.
Ja.
Aber wir sind nicht gestorben.
Nein.
Okay.
Darf ich dich was fragen?
Klar.
Wenn man ein Vogel wäre, könnte man so hoch fliegen, dass man die Sonne sieht?
Ja.
Das dachte ich mir. Das wäre wirklich toll.
Ja, das wäre es. Bist du soweit?
Ja.
Was ist eigentlich aus deiner Flöte geworden?
Die habe ich weggeworfen.
Du hast sie weggeworfen?
Ja.
Okay.
Okay."

Cormac McCarthy hat neben The Road noch einiges geschrieben, das sicherlich einmal einen Blick wert sein wird, bspw. No Country for Old Men, welches dem gleichnamigen grandiosen Film Vorläufer war, oder die viel gerühmten Werke All the Pretty Horses und The Crossing.

1 Kommentar:

mattes hat gesagt…

Ich habe die Sonne gesehen.
Heute.