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17.10.2009

Der Codex Alimentarius

Da mir das Thema als sehr wichtig erscheint und ich einiges Ergänzendes erwähnen möchte, auch von mir ein Beitrag.

Aber erstmal danke, Mattes, für den Link und die Thematisierung, da ich selber eine solch drastische Darstellung nicht kannte. Außerdem möchte ich hier Clemens vollkommen recht geben, die ganze Veranstaltung wirkt sehr unkontrolliert, was dem Redner völlig freie Bahn lässt auch ohne Beweise und Fakten aber mit Überzeugung zu argumentieren. Ich will an dieser Stelle nicht Greenpeace schlecht machen, aber auch hier, wie anderswo, gibt es eine Zahl an
Vertretern, die eine sehr glaubwürdige und meinungsfeste
Argumentation anbringen um sich und ihre Aktivität optimal darzustellen. Ist ja auch logisch, aber als Beispiel dafür sehe ich eine Diskussionsrunde bei uns, wo sich Hochschulprofessoren und Greenpeace-Vertreter gegenüber standen. Der mit Argumenten und Fakten darstellende Professor wurde einfach von der Redegewandtheit der Organisation überrannt, ohne dass auf seine Argumente gezielt eingegangen wurde. Das schockierte mich/uns doch stark und ließ die Uni schlechter dastehen als bei einer nüchternen Beurteilung der Fragestellung.
Daher bin ich generell sehr skeptisch gegenüber solch selbstbewusst diskutierenden Personen, die auch ohne fundierte Belege ihre Idee verfolgen. Zumal die Annahme des Arztes, die Pharmaindustrie habe die Grundlage des dritten Reiches gebildet, bei deren Hinterfragung stutzen, wenn nicht sogar schmunzeln lassen sollte…

Der Codex Alimentarius existiert schon etwas länger, nämlich seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und soll als Beschluss der WHO und FAO (nicht der Pharmaindustrie!!!) den weltweiten gleichwertigen Umgang und Handel mit Konsumgütern wie Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmitteln dienen. Geregelt werden sollen so z.B. bestimmte Reinheitsgebote bei der Herstellung, minimale Keimbelastungen in Lebensmitteln oder Qualitätsstandards bei Vitaminpräparaten. Als Ziel gilt also gleiche Qualität und Unbedenklichkeit der Lebensmittel auf der Welt.
Da hat die Pharmaindustrie primär erstmal weniger Anteil, sieht ihre Chance aber darin, in Länder zu expandieren, wo noch keine Zulassung für ein Präparat erfolgt ist bzw. kann dort Absatz machen, wo der bisherige Standard schlechter und eine höhere Qualität und Reinheit möglich ist. Schwankungen in den einzelnen länderspezifischen Produkten sind typischerweise normal und somit Anhaltspunkt für eine Vereinheitlichung analog den derzeit bestmöglichen Methoden, um bestimmten Gefahren aus dem Weg zu gehen. Darunter zählen auch Lebensmittelvergiftungen mit mikrobieller Toxinbelastung wie etwa das Botulinustoxin, welches das bisher stärkste bekannte Gift darstellt und unter Sauerstoffausschluss (anaerob) z.B. in schlecht kontrollierten Fischkonserven auftauchen kann.

In der Grundidee der Vereinheitlichung und auch in mangelnder Aufklärung existieren diverse Befürchtungen und Kritiken. So wird auch gern behauptet, dass Naturprodukte, die von Natur aus mikrobiell belastet sind, mittels Bestrahlung nahezu keimfrei gemacht werden. Da somit auch Vitamine verloren gehen, kann nun auch die Pharmaindustrie einheitliche Ergänzungsmittel produzieren.
Dazu kann ich nur anbringen, Strahlensterilisation ist in Deutschland und vielen anderen Ländern wegen eventueller gesundheitsschädigender Effekte an Lebens- und Arzneimitteln verboten und darf nur bei Medizinprodukten wie OP-Scheren, Verpackungsmaterialien etc. angewandt werden. Außerdem würden niemals alle Vitamine gleichmäßig und in völligem Umfang eliminiert/ gemindert, was eine Vereinheitlichung nicht gerade fördert.
Der Sinn des Codex könnte hier hingegen z.B. sein, optimale Arbeits- und Herstellungsbedingungen einzuführen um durch saubere und hygienische Lebensmittelverwertung die Keimbelastung des Produkts minimal zu halten.

Ein weiterer Punkt der im Video angesprochen wird, ist die angebliche Verhütung der Bevölkerung vor Selbstheilung und Wissen zur Vorsorge von Erkrankungen durch die Pharmaindustrie. Auch eine völlig aus der Luft gegriffene Behauptung, denn schon das einfache Beispiel der Apothekenumschau beweist das Gegenteil. Generell werden immer alternative Heilvorschläge und Präventivmaßnahmen vorgeschlagen um auch die Rolle der Apotheke als Beratungsstelle heraus zu heben. Sowohl Studium als auch Berufsstand (Apothekerkammer) fordern vom Apotheker, wenn möglich, statt eines (für die Pharmaindustrie) gewinnbringenden Arzneimittelverkaufs die alternative Beratung. Im Studium bekam ich beispielsweise gelehrt, dass einige Arzneimittel (z.B. chemisch synthetische Hustenpräparate) keinen optimal wirksamen Effekt zeigen. Aus diesem Grunde sollen Pharmazeuten dem Patienten raten, die Erkältung mit Vitamin C-haltigen Früchten oder efeu- und thymianhaltigen Tees auszukurieren.



Sicher kann die Pharmaindustrie in einzelnen Punkten Kapital schlagen, aber genau wie bei den Lebensmittelherstellern etc. versuchen alle Unternehmen neue Nischen zu besetzen um ihren Umsatz zu steigern. Gerade deshalb sind auch Organisationen, wie im Arzneimittelbereich etwa die EMEA (European Medicines Agency), wichtig um Schranken zu setzen, wobei als Grundlage der Beurteilung stets Studien und wissenschaftlich erfasste Daten aus der Forschung herangezogen werden.

Meiner Meinung nach, welche auch andere Pharmazeuten mit mir teilen, ist der Codex Alimentarius eine wesentliche Basis für die optimale länderübergreifende Lebensmittelversorgung. Hierbei ist es wichtig den Grundgedanken in die richtige Wege zu leiten. Kritik sollte unterstützend und auf Lücken im System hinweisend in einem gesunden Maß erfolgen, aber eine Idee nicht panisch, faktenarm und falsch verurteilen.

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