künstliche Verwirrung
Im Blog gibt es das Label „Kunst?“, welches gelegentlich am Ende eines Beitrags erscheint. Mich irritiert das Fragezeichen jedes Mal so sehr dass ich mich jetzt dazu entschlossen habe, einen Beitrag zum Thema Kunst schreibe. Ich hoffe auf eine lebhafte Diskussion.
Als Erstes zum Fragezeichen: Es gibt kein Grund für ein Fragezeichen hinter dem Wort Kunst. Wenn man der Überzeugung ist dass ein Ding das Attribut Kunst verdient, dann sollte man standhaft sein auch wenn Andere dem vielleicht widersprechen. Das Fragezeichen gibt dem Ganzen ein relativierendes Moment, so als ob es noch nicht vollständig geklärt ist ob das Vorliegende überhaupt Kunst sein kann oder zumindest die Zustimmung der Mehrheit dafür benötigt.
Meine Gedanken werden vielleicht verständlicher wenn ich etwas über meinen Kunstbegriff sage. Kunst kommt von können, ist ein deutsches Sprichwort das nicht nur die Wortherkunft gut zu illustrieren vermag sondern auch schnell zum Kern der Sache vordringt. Nicht jeder kann alles und daher sind die künstlerischen Ambitionen von Jedem Einzelnem beschränkt. Ich halte es daher für vollkommen irreführend wenn man behauptet alles sei Kunst. Ein Künstler der nichts kann ist daher auch undenkbar. Der Künstler muss sein können also durch eine einzigartige Tat beweisen. Die Einzigartigkeit des entstandenen Objekts reicht im Umkehrschluss aber nicht um Kunst zu sein, denn Kunst muss eine Leistung hohen Grades beinhalten; siehe können (Ein interessanter philosophischer Gedanke in diesen Zusammenhang ist das Plagiat, das besser ist als das Orginal).
Ein schwieriges Thema allemal. Und mir fällt noch soviel dazu ein, aber für heute soll´s das erstmal gewesen sein.
8 Kommentare:
Da Label "Kunst?" habe ich eingeführt bei diesem Post in Zusammenhang mit Graffity. Jedem sollte die Kontroverse um die Einbeziehung von Graffity unter den Sammelbegriff Kunst geläufig sein. Sei es von Seiten der Writer aus, die es vermeiden wollen, damit sie ihre Unabhängigkeit bewahren, oder weil Kunstkritiker, die es ebenfalls vermeiden wollen, es nicht als Kunst anerkennen. Daher ist das Fragezeichen durchaus berechtigt.
Darüber hinaus funktioniert es auch, da die Definition von Kunst subjektiv ist (Zu meiner Definition später). Und selbst wenn sie nur deiner entsprechen würde, wäre es immer noch fraglich was "können", "einzigartig" und "Leistung hohen Grades" bedeutet.
Und nochmal darüber hinaus. Die definition 'Kunst ist ein Ding dann, wenn es das Attribut Kunst verdient' sagt alles und nicht, weil es ein Zikelschluss ist.
mich stört das fragezeichen hinter dem label nicht. kunst stellt fragen kunst gibt antworten. man könnte sogar noch ein ausrufezeichen dahinter hängen, um bei der symbolik zu bleiben. das besondere aber ist, das kunst sich selber hinterfragt. es gibt keine gesetze, richtlinien und maßstäbe, höchstens um einzelnen kunststilen treu zu bleiben. und selbstverständlich hat nicht alles anspruch kunst zu sein, doch und da geb ich beuys recht, kann jeder mensch ein künstler sein. vorrangig dabei ist nicht die tat, sondern gefühl und gedanke. die auseinandersetzung mit sich und seiner umwelt. die tat ist lediglich das bildhaft machen des inneren, verborgenen. wenn sie auch sehr wichtig istes gibt bestimmt viele künstler, die nicht ein bild gemalt haben, oder eine austellung hatten. ihre kunst zeigt sich beispielsweise in der erziehung ihrer kinder etc...
kunst ist universell...und das fragezeichen deutet in meinen augen darauf hin.
wer kunst rationell betrachtet, schränkt sie ein.
www.hammes-meiner.de/
Dem Mattes bleibt von meiner Warte aus vorerst nichts hinzuzufügen.
Das beste an Kunst für mich ist die Möglichkeit einem Teil seines Selbst Ausdruck zu verleihen, den man nicht in Worte fassen kann, ja über dessen Existenz man sich so gar nicht bewusst ist. Betrachtet der Künstler im Nachhinein sein Werk, kann er wie in einem Buch Sich nachlesen bis hin zur Entdeckung unbekannter Facetten. Die Harmonien, Relationen, die Ästhetik, Betonungen sagen weitaus mehr aus, als beim Schaffensprozess gedacht. Insofern ist ein Kunstwerk für mich es genau dann, wenn es das erreicht.
Gute Kunst in diesem Sinn ist eine Kunst bei derer Entstehung die Vernunft in den Hintergrund gestellt wird, und bei der dem Unterbewusstsein Raum zur Entfaltung gelassen wird.
Kunst für mich als Betrachter ist es, wenn sie in mir Emotionen hervorruft. Emotion als reinster Ausdruck meines wirklichsten unverfälschtesten Ichs, erlaubt es mir mich kennen zu lernen, und somit auch durch Reflexion der Eindrücke mein Wesen ins Bewusstsein zu projizieren.
Kunst ist es aber auch dann, wenn sie durch Emotionen Parallelen zum Zeitgeist des Enstehungsumfelds oder Dargestellten ermöglicht, bzw. eine Kontroverse durch Kunst ausgedrückt in der Vergangenheit oder im Jetzt Dokumentiert und Diskutiert.
Somit ist Kunst alles. Jede Tat sagt mehr über sich aus, als zunächst gedacht, und überall lässt sich etwas ansprechendes finden. Doch längst nicht alles wird in Museen oder Galerien ausgestellt, und nicht jeder nennt sich einen Künstler. Um es zu Kunst zu bringen muss die Verwirklichung einer der Ansprüche das Hauptanliegen des Werkes sein. Dadurch ist es auch möglich etwas im Nachhinein zu Kunst zu erklären, indem man es auf sich wirken lässt. Wenn die Wirkung herausragend genug ist, kann das Werk es Wert sein ausgestellt zu werden. Zu dem was an uns als Kunst herangetragen wird gehört also schon auch immer ein Wertungsprozess, der uns ein verzerrtes Bild von Kunst 'suggerieren' kann...
Kunst ist ein weites Feld, gute Kunst schon weniger.
Lieber Michalw, mit diesem Thema triffst du bei mir übrigens voll ins Schwarze. Nichts hat mich in letzter Zeit mehr in seinen Bann gezogen als Kunst, besonders zeitgenössische Kunst. Extrem spannend dieses Feld, deshalb hier noch ein 3sat-Link zum Thema. In kurzen Porträts werden einige postmoderne Künstler mit Schöpfungen beleuchtet. Die Podiumsdiskussion ist auch richtig Cool. Kompetente Leute aus dem Metier die noch mehr Interessantes zur Kunst anreisen als hier geschehen.
Ich meinte eigentlich diesen Link.
Nennt mich ruhig reaktioner, aber ich kann mit postmoderner Kunst selten etwas anfangen.
Kunst sehe ich als ein Genussmittel, nicht als die therapeutische Maßnahme eines Künstlers. Damit ich ein Kunstwerk vollkommen geniesen kann reicht es mir nicht dass Emotionen geweckt werden. Ich will das Kunstwerk verstehen und dafür brauche ich meinen Kopf der die emotionale Ebene um eine geistge erweitert.
Zitat von Mattes: "doch und da geb ich beuys recht, kann jeder mensch ein künstler sein. vorrangig dabei ist nicht die tat, sondern gefühl und gedanke." selbst Beuys spricht von Gedanken in der Kunst. Diese rationale Ebene macht doch Kunst erst spannend. Daher wiederhole ich meinen Standpunkt noch einmal und spreche mich gegen das Fragezeichen im Label "Kunst?" aus. denn gerade dadurch das Kunst Fragen beantworten soll, ist das Fragezeichen hinter dem falschen Wort. Für mehr Kunst!!!
Ich denke auch für dich ist Kunst Genussmittel und therapeutische Maßnahme. Immer wenn Kunst herausfordert wirkt die Selbsttherapie des Schaffenden auf den Betrachter (wenn auch manchmal nicht genau auf gleiche Weise). Ohne diesen Punkt wäre der Konsum ein fader Genuss ohne Kribbeln. Wenn du Kunst konsumierst, dessen "abgründiger Part" dir unzugänglich ist, dann ist es wohl der falsche Typ Kunst für dich aber verzichtest du wirklich auf eine wohldosierte Prise aufwühlendes?
"Daher wiederhole ich meinen Standpunkt noch einmal und spreche mich gegen das Fragezeichen im Label "Kunst?" aus. denn gerade dadurch das Kunst Fragen beantworten soll, ist das Fragezeichen hinter dem falschen Wort."
Das Zusatz "Kunst?" hier soll ja über Kunst an sich nichts aussagen, sondern die Einordnung des Posts in die Sparte veranschaulichern. Ob ein Post unter Kunst eingeordnet werden kann ist fraglich, denn was ist Kunst, ob er zu Kunst? gehört schon weniger. Bei Kunst? k"onnte eigentlich alles stehn, das besondere ist nur, dass man den Gegenstand dieser Kategorie besonders unter diesem Licht sieht.
Gegenständliche vs. abstrahierende Kunst
Ein Gedanke ist für mich nur dann wirklich wertvoll, wenn ich mit ihm Gefühle verbinde. Eine Emotion bleibt es aber auch noch, wenn ich sie nicht verstehen kann. Deshalb kann Kunst gerne klar sein, muss es aber nicht. Worauf es mir besonders ankommt ist der emotionale Bezug zu meinem Gedanken. Natürlich, da gebe ich dir, Michaw, vollkommen recht, versuche auch ich das Geschehene zu verstehen, und finde darin überhaupt den atemberaubensten Reiz den Kunst zu bieten hat, der es einem ermöglicht in die dunklen Tiefen seiner Seele zu blicken. Aber ich möchte von einem Künstler nicht verlangen eine Erwartung an Kunst in mir zu befriedigen (wichtiger Satz!), und denke ein Kunstwerk ist nur dann gut, wenn es dem Innersten des Schöpfers entspringt. Kann ich als Betrachter überdies etwas damit anfangen, so ist das ein gern gesehenes Nebenprodukt. Ein guter Künstler/Kunstwerk in der öffentlichen Wahrnehmung ist dann sicher einer, der bosonders viel oder gutes an Nebenprodukt zu bieten hat.
Kommentar veröffentlichen