Shake your Style.

20.11.2008

Last night a mixtape saved my life


"I love music. I believe that for people who love music, the desire to share it is innate and crucial for music itself." Justin Ouellette

Was aber ist nun ein Mixtape? Geoffrey O'Brien meint es sei die am häufigsten ausgeübte amerikanische Kunstform. Für mich persönlich: eine Bekennerschreiben an die Frau des Herzens und an die Musik selbst, und wenn man einmal ehrlich ist, versteht man ein Mixtape auch meisten als solches. Erfolgt dann keine Antwort ist der zwischenmenschliche Versuch als gescheitert zu erklären und das sind in meinem Fall stolze 8 Tapes. Das ist traurig aber trotzdem falsch, denn jedem Mixtape das erwidert wird folgt früher oder später ein gewagteres ... und so beginnt dann eine Beziehung, ein postaler CrO2 Fluss bahnt sich seine Wege: man beginnt den Geschmack des Anderen nachzuvollziehen, entdeckt Liebenswertes an verhassten Genres. Ich entdeckte auf diesem Wege meine Liebe zu Amon Tobin, Kings of Convenience, Gonzales, Herman Dune, Elvis Perkins. Folgt eine Antwort, meist in Form von „Das zweite Lied fand ich schön“ oder „woher hast du diese lustigen Samples“, ist beim zweiten Mal direkt von mühsam in Schönschrift verfassten Playlisten abzuraten und überschüssige Kräfte sind in das Cover zu stecken. Einen meiner Meinung nach nicht zu unterschätzenden Aspekt; am besten schlicht, ohne kitschige Absichten und immer mit lustigen Titeln, sonst kommt der Wiedererkennungswert zu kurz. Mein persönlicher Favorit: „Dicke Makkaroni kurz geschnitten“
Macht dann etwa 30 Tapes auf der Gewinnerseite! Geschenkte Mixtapes sind also auch Trophäen der zwischenmenschlichen Resonanz.

„Mixtapes sind Männersache“, laut soziologioscher Stellungnahmen vor allem der männlichen Jugend der 80er. Und wirklich, ich kenne nur wenige Geschichten in denen Frauen spät nachts an einer ausgefeilten Playlistdramaturgie feilten, und noch weniger Frauen die das Handschubfach ausschließlich mit Tapes füllen. Mixtapes unter Männer sind dagegen so eine nerdige Sache in der es darum geht, wer dem anderen mehr unbekannte Floorfiller unterjubelt und damit die Hippnespunkte für sich erntet. Ich verurteile das als hinterfotzige Dialogform und möchte zu einem ehrlicheren CrO2 Diskurs animieren.

Die Frage nach dem Warum? Ganz klar, Kassetten sind das liebenswürdigste Speichermedium überhaupt, sie sind vergänglich, ganz langsam wie in einer Beziehung sind zuerst die höhen Weg, dann folgt unweigerlich der erste Dropout und später dann der finale Riss, vorausgesetzt man hat sie vorher ins Herz geschlossen und entsprechen oft malträtiert. Egal ob TDK, BASF oder Maxell alle erliegen sie dem Zahn der Zeit. Kleben hilft nur bei Liebeskummer!

Wichtig: 60 min sind die Besseren - leiern weniger, nicht zu viele Bekanntes, weil das sonst am Auskenner- und Heldenstatus kratzen könnte, BASF stellte 2007 seine Tapeproduktion ein und ein Taperekorder ist schon für 20 € zu haben! Tapes kosten nicht mehr als 2 Euro, der Versand nur 1,40 ... los geht's! Im schlimmsten Fall verschenkt man auch noch ein Walkman vom Flohmarkt.

FastForward!

3 Kommentare:

michael matschie hat gesagt…

Mixtapes sind schon was feines und mit den mp3player sind sie wohl endgültig den untergang geweiht.
Ich habe selber nie mixtapes gemacht aber sie gerne vervielfältigt, bis die qualität so schlecht war das man es sich eigentlich gar nicht mehr anhöhren konnte. gute alte erinnerung...

schöner post

Ändy hat gesagt…

Ich kann mir nichts Kompetenteres zu Themen dieser Sparte als das des galanten Daseinsbewältigungspapstes Max Gold vorstellen:

"Eine bestimmte Art von Kassetten liebe ich indes sehr, nämlich solche,auf denen Jugendliche vor 20 oder 25 Jahren Poplieder aus dem Radio aufgenommen haben. Oft eiern diese Kassetten stark, zwischen den Stücken sind dicke, dumpfe Knacksbrocken, und ab und an finden sich ein paar Moderatorenworte, welche aber jäh abgewürgt wurden. Manchmal haben die Leute zur Aufnahme einfach ein Mikro vors Radio gehalten, die Luft angehalten und gedacht: &lt &lt Hoffentlich betätigt Mitti jetzt nicht die Klospülung &gt &gt, und dann hört man, wie die Mutter ins Zimmer kommt und wie der Jugendliche schreit:&lt &lt Mensch, Mutti, spinnst du, ich nehme gerade das neue Lied von Grand Funk Railroad auf! &gt &gt Ich habe noch einige giftgrüne Agfa-Kassetten, auf denen ich auf der Mittelwelle den englischen Service von Radio Luxemburg aufgenommen habe, weil es dort die aktuelleren Liedchen gab. Ich glaube, es wäre eine kluge Entscheidung, diese Kassette auf CD zu veröffentlichen, denn es handelt sich um ein authentisches volkskundliches Zeugnis. Musikrezeptionshistoriker würden sich und mir die Finger lecken. Alle Leute haben nämlich damals Musik aus dem Radio aufgenommen, aber meine Kassetten waren besonders schlampig und sind daher besonders authentisch. Mitten im Lied die Pausetaste gedrückt, währen der Aufnahme den Sender gewechselt etc. Heute nehmen nicht mehr viele Leute Musik aus dem Radio auf. Es ist rezessives Brauchtum."

Dem ist nicht hinzuzufügen, bis auf "Yeah Jakub!"

georg hat gesagt…

zu hause in bautzen, wo ich mittlerweile sehr selten nur noch bin, steht im bad noch ein kassettenabspielgerät. etwas besseres kann's im heimaturlaub gar nicht geben, außer natürlich meine volle schublade alter, längst vergessener mixtapes.