Shake your Style.

12.10.2007

Das Mitbewohnerroulette

Das Mitbewohnerroulette (MR) ist ein Spiel, dass von allen beteiligten Seiten als Abenteuer aufgefasst wird. Die soziale Aktivität und der Umgang mit dem Fremden machen den Reiz dieses Spieles aus. Die Regeln sind einfach, aber Verstöße werden hart geahndet.

Ich hatte die Ehre MR nur bereits das dritte Mal zu spielen. Ein Mal als Besucher und zwei Mal als Bewohner, aber dazu später mehr. Dabei habe ich einige Beobachtungen gemacht, die in Folgenden schildern möchte. Im speziellen gehe ich auf die Ereignisse dieser Woche ein.

Um MR spielen zu können braucht man einige Dinge, die ihr euch besorgen müsstet. Da wäre zum einen die Wohnung um die es in Grunde genommen geht, das Objekt der Begierde. In dieser Wohnung muss ein Zimmer frei sein oder frei werden. Dieses Zimmer ist der Einsatz den die Bewohner setzen. Zum anderen braucht ihr einen Ort an dem die Bewohner ihren Einsatz bekannt geben können. Das Internet bietet eine hervorragende Plattform dafür. Wer aber auf die altmodische Art mit der Annonce am schwarzen Brett besser zu recht kommt, dem sei hier gesagt dass das Ergebnis ähnlichen Charakter hat wie das übers Internet. Und damit beginnt das Spiel auch schon.

Haben die Bewohner eine Anzeige aufgegeben hat das Spiel begonnen. In meinen Fall hat das Hanna übernommen. Hanna zieht nämlich aus und ihr Zimmer wird frei. 24m² mit Fenstern nach Osten und Süden für warm 225€, in einer 100m² Wohnung die man sich zu dritt teilt. Katha ist meine zweite Mitbewohnerin und damit die zweite Stimmberechtigte neben mir. Wir sind beide Studenten und die Wohnung ist 300m von der Uni entfernt. Weitere Vorzüge der Wohnung sind eine Waschmaschine, eine Spülmaschine, eine Hausbar, ein Balkon auf der Ostseite und damit ist er prädestiniert zum Frühstücken.

Ich bin Sonntagabend aus Dresden zurückgekehrt und das Spiel hat bereist begonnen. Nicht für mich, aber für die Besucher. Sie mussten sich bei uns melden und einen Besichtigungstermin vereinbaren. Manche Leute haben einfach kein Gefühl für das Studentenleben. Ich wurde am Dienstag um halb zehn wach geklingelt, weil irgend so ein Klaus, ein Psychologiestudent im ersten Semester, einen Termin ausmachen wollte. Dieser grobe Formverstoss zeugt von wenig Taktgefühl und Klaus war aus dem Rennen. Ganz wichtig für die Besucher und das erste Fettnäpfchen, Niemals vor 12 anrufen. Dienstagabend sind dann die ersten gekommen. Hanna war nicht sehr clever und hat vier Leute im Viertelstundentakt antanzen lassen. Minimum ist eine halbe Stunde. Nicht weil man mit jedem eine halbe Stunde reden will, sondern weil Pünktlichkeit auch nicht mehr die deutsche Tugend ist, die sie mal war.

Es klingelt. *blirr* Man hört die Schritte im Treppenhaus. Da wir im 2.OG wohnen sind alle Ankömmlinge etwas außer Atem, aber nur ein bisschen. Die Begrüßung ist immer die Selbe.

„Hallo, ich bin der/die Stefan/Maxi/Katharina/Ute/Catha/Ines/Sebastian/Chistian/Marion.“

„Hallo, ich bin der Michael. Komm doch rein. Kannst die Schuhe anlassen.“

Man zeigt das Zimmer, die Wohnung und die anwesenden Bewohner stellen sich vor. Alles wird begutachtet, bestaunt, betrachtet und entdeckt, aber es wird auch beanstandet, bezweifelt, verhöhnt und gelegentlich auch verspottet, von beiden Seiten natürlich. Nebenbei entwickelt man ein Gespräch. Fragt irgendwelche Dinge die man ja doch nur wieder vergisst. Die sich bislang Fremden lernen sich also kennen.

Ich möchte jetzt bewusst auf eine Schilderung der einzelnen Besucher verzichten, da es mich langweilen würde etwas der Art lapidares und der Form unästhetisches schreiben zu müssen. Es sei aber soviel verraten dass Ute und Marion das Rennen gemacht haben und Ute das Zimmer nun bekommt. Damit verschwinden die Dinge von Hanna, also ein Berg an Schuhen, Dekozeug überall in der Wohnung und Handtücher in Farben die ich vorher noch nie gesehen habe. Was Ute mitbringt weiß ich nicht, auch nicht ob sie kochen kann oder wie lange sie morgens im Bad brauch oder ob sie raucht. Es ist erstreckend wie wenig man über eine Person weis mit der man sich eine Wohnung teilen wird und die dadurch zum näheren sozialen Kreis gehört. Grundlage der Entscheidung ist ein Gespräch von knapp zehn Minuten Länge. Was kann man den in zehn Minuten von einem Fremden erfahren? Und der Besucher will ja auch was von mir erfahren. Ich sage euch man kann eine Menge erfahren. Nicht spezielle Eigenschaften oder Vorlieben. Aber das Auftreten und die Art wie Fragen gestellt werden zeigen doch einen Teil des Menschen der nicht unwesendlich für ein gutes Zusammenleben ist. Diese willkürliche Vergabe von Sympathie an Fremde erscheint mir durchaus als ein geeignetes Mittel zur Bestimmung des besten Bewerbers. Ich habe jedenfalls nur gute Erfahrungen mit dem MR gemacht.


Zum Schluss noch einige Weisheiten zu denen mich MR inspirierte. Man muss MR spielen damit es einen belohnt, denn ohne Einsatz, kein Gewinn, und wer das Gute will, der stelle sich den Bösen.

1 Kommentar:

georg hat gesagt…

Ha, unser Michau, nimmt das Leben mal wieder als Spiel. Gesunde Einstellung vielleicht. Ich persönlich habe nur sehr wenig Erfahrung mit dieser Art des kommunikativen Zeitvertreibs, muss allerdings anfügen, einen Mordsgaudi bei meinen sieben Wg-Besichtigungen in Chemnitz vor 2 Jahren gehabt zu haben. Dies bringt mich auf eine Idee zur Erweiterung des Spiels: Die willkürliche Anmeldung bei Nachmietersuchenden Wgs, einzig zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebs. Als Bewertungsmaßstab könnte man erfolgreiche (natürlich im Anschluss abzuweisende, denn man sucht ja gar nicht wirklich ein Zimmer) Bewerbungen herannehmen oder aber eine gewisse Mindestanzahl von Wg-Besichtigungen pro Tag einführen. Wer zu wenig hat, muss einer Henne Guten Tag sagen, wer gewinnt, darf sich freuen.