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14.11.2007

Der Wahrheitsbegriff in der Struktur der Logik

Ich hatte seit einiger Zeit vor, etwas über primitive Logik zu schreiben. Jetzt möchte ich eine Einführung schreiben und den Schwerpunkt des wissenschaftlichen Wahrheitsbegriffs ergänzend zur Thematik in Andrés Post herausarbeiten.


Dieser Post spiegelt wieder, was ich momentan zu wissen meine und es war recht langwierig das so knapp wie möglich zu formulieren. Zur Diskussion über enventuelle Irrtümer oder unbeachtete Fallstricke wird bei einem Tässchen Tee im Kommentarbereich herzlich eingeladen. Ich dreh dort schonmal die Heizung auf.


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Definition: Eine Formulierung heißt Aussage, wenn ihr genau einer der Wahrheitswerte wahr (w) oder falsch (f) zugeordnet werden kann.


Zur Trennung nenne ich von nun an den wissenschaftlichen Wahrheitsbegriff "w" und unseren intuitiven "wahr". w ist nicht definiert. Lediglich das Objekt Aussage und zwar dadurch, dass sie genau eine der Eigenschaften w oder f besitzt. Wie die Zuordnung einer Aussage zu w oder f gemacht wird, ist an dieser Stelle völlig unbestimmt und damit auch ein Zusammenhang zwischen w und wahr. Wir haben definiert, was eine Aussage ist. Um Zusammenhänge zwischen Aussagen herzustellen benötigen wir noch die Definition der Aussagenverknüpfungen.


Ich verspreche euch, dass das die letzte Definition ist und ihr Verständnis
das Verständnis der kompletten Logik ist.


Definition: Aus zwei Aussagen p und q kann man folgene
Aussagenverknüpfungen definieren:



Eine Aussageverknüpfung ist wieder eine neue Aussage. Die Tabelle definiert 5 Arten der Verknüpfung, indem sie festlegt, wie ihr Wahrheitswert aus den "Bestandteilen" p und q entsteht. Sie liest sich anhand des Beispiels der Konjunktion wie folgt:


p^q soll w sein genau dann wenn p und q gleichzeitig w sind. Andernfalls soll p^q f sein.


Auch hier sollte zwischen dem dem sprachlichen "sowohl als auch" und dem logischen ^ unterschieden werden. Der letzte Satz spiegelt die scheinbar klare nichtwissenschaftliche Tatsache "(Sowohl p als auch q) ist nur dann wahr, wenn p und q wahr sind." wieder denn genau das ist unsere sprachliche Bedeutung von "sowohl als auch" und so scheint es sinnvoll, ^ mit "sowohl als auch" gleichzusetzen. Aber nur unter der Vorraussetzung w und f dürften mit "wahr" und "falsch" gleichgesetzt werden. Dazu haben wir aber keinen Anlass. In der Logik ist ^ lediglich eine Verknüpfung die aus ihren Variablen p und q eine neue Aussage bildet, wobei sie auf die in der Tabelle beschriebenen Weise von ihren Wahrheitswerten abhängt.


Die Logik ist also ein Modell, dass zwar unsere sprachliche Denkstruktur wiederspiegelt, aber nicht gleichbedeutend mit ihr ist und ohne sie auskommt, wenn sie ihr auch nachempfunden ist. Zusammengefasst ist


Begriffsstruktur der Logik = Aussagen + Verknüpfungen


Dieses Abbild unseres Denkens ist insofern von ihm losgelöst, dass w und f keine Bedeutung haben. Die erste Unterscheidung zwischen w und f wird in den Definitionen der Verknüpfungen getroffen, indem sie unsymmetrisch auf w und f wirken sollen. Man sieht in der Tabelle, dass z. B. für die Konjunktion w gegenüber f eindeutig ausgezeichnet ist. Was bedeutet also w? Man könnte w dadurch definieren, dass man sagt


w ist derjenige Wahrheitswert auf den ^ in der beschriebenen Weise (s. Tabelle) wirkt.


Dann darf man aber ^ wiederum nicht über w also nicht über die Tabelle definieren und müsste sagen


^ ist die "sowohl als auch" entsprechende Verknüpfung.


Dann währe aber ^ unsauber definiert. Und da w durch ^ definiert wurde, ist alles noch schlimmer als vorher. Die Möglichkeit Logik ohne unklare Sprachbegriffe einzuführen scheint also nur durch eine Aussparung der Bedeutung w erreichbar.


Die Gleichsetzung von w mit "wahr" ist damit erstmal eine Glaubensfrage. Denn w ist eine Eigenschaft, die einer Aussage definitionsgemäß eindeutig zugeordnet werden kann. Also unabhängig davon, wer sie wann zuordnet. Das verhält sich mit "wahr" erfahrungsgemäß anders.


 

4 Kommentare:

Ändy hat gesagt…

Generell „Hut ab“ vor deinen klaren und sauberen Darstellungen.

Was du uns da nahe bringst ist eine super Systematisierung und Diskretisierung, die absolut notwendig ist, um den Apparat unseres Umgangs mit Bezügen zu optimieren. Ich als anwendender Naturwissenschaftler, der immer an einer Umsetzung des Wissens in die Praxis bemüht ist, kann dem aber recht wenig abgewinnen solange die Konsequenzen daraus nicht gezogen werden.
Der Zweck hinter der Entwicklung dieser Abstrakten Inbezugsetzung der Wahrheit ist eine leichte und allgemeine Verarbeitung des bisher gewonnen Wissens hin zu neuem Wissen, und die Prüfung von Zusammenhängen. Nachdem wir uns also diese Umgangsform erarbeitet haben losgelöst von allen störenden Einflüssen möglichst Konkret und Widerspruchsfrei, liegt der nächste Schritt darin begründet, sich dem ursprünglichen Ziel wieder zu nähern, und die Anwendbarkeit der Theorie unter den Störungen zu prüfen. Wie bereits gesehen funktioniert dieses System nur bedingt, und das bei absolutem Wahrheitsbegriff. Die Übertragbarkeit dieser Methodik auf unsere Wahrheit ist somit nur eingeschränkt möglich, und durch Logik gewonnene Schlüsse erfordern eine zusätzliche Verifikation, als nur die der korrekten logischen Ableitung. Oder aber wir wenden sie nur auf echte Wahrheiten an, was aber recht schwer ist, wenn man sich dessen nicht sicher sein kann, ob es sich um echte Wahrheiten handelt.
Die Logik ist trotzdem Schön, aber es wäre zu schön wenn die Welt so einfach wäre.

clem hat gesagt…

Genau. Die Annahme, um die Logik auf die Natur anzuwenden ist:
Die Gültigkeit aller logischen Beziehung bleibt bei der Verbdindung wahr=w erhalten
Dafür existiert kein Beweis. Aber es hat sich als erfolgreich erwiesen so zu arbeiten. Was ich zum Ausdruck bringen wollte, hast du mit
"Anwendbarkeit der Theorie unter den Störungen zu prüfen"
gut beschrieben. Wenn ein Naturwissenschaftler eine Theorie untersucht, basiert seine Arbeit immer auf der unbeweisbaren Korrespondenz von Logik und Wirklichkeit. Wenn er von dieser Korrespondenz aber nur aufgrund ihrer erfolgreichen Wirkungsweise überzeugt ist, dann hat diese Überzeugung teilweise religiösen Charakter. (Diese Behauptung scheint unsinnig, da es in diesen Tagen Usus ist, Religiösität und Wissenschaft zwar nicht als widersprechende, aber als gegensinnige Denkweisen zu sehen.)
Der religiöse Charakter liegt in der Annahme unbeweisebarer Aussagen zur Erklärung einer Wahrheit. Da diese Wahrheit nur einen irdischen Charakter hat, ist es keine starke Religiösität, sondern die Art, von der der Ethiklehrer spricht, wenn er den Fünftklässlern erklärt "Christen verstehen nicht, wie ein Gewitter entsteht und müssen es sich mit Gottes Zorn erklären."

Ändy hat gesagt…

Schwer einzuschätzen in wie fern man von Korrespondenz zwischen Wirklichkeit und Logik reden kann, denn das suggeriert ja dass die Logik eine eigenständige Theorie ist, welche streng deterministisch eine Funktionsweise oder Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Natur beschreibt. Dies würde heißen, dass jede Theorie die die Natur zu beschreiben versucht im Einklang mit der Logik stehen muss, andernfalls wäre sie im gewissen Grade falsifiziert.
Meine Ansicht nach entwickelt sich die Logik aus der Notwendigkeit heraus mit der Wirklichkeit, oder mit unserem Abbild von dieser, also Theorien, umzugehen. Dies macht die Logik lediglich zu einem Werkzeug, welches keinen Bezug zur Realität hat und rein abstrakt als Methodik existiert, die unsere Art des Denkens wiedergibt, oder am besten mit unseren Wirklichkeiten umgehen kann. Wie erfolgreich die klassische Logik dann im Umgang mit unserer Wahrheit ist, hängt wie gesagt von der Äquivalenz zwischen 'w' und 'wahr' ab. Da diese nicht immer gut ist, ist die strenge Logik auch nicht immer anwendbar, und es ist evtl. besser von Wahrscheinlichkeiten zu reden.
Religiöse Motive "in der Annahme unbeweisebarer Aussagen zur Erklärung einer Wahrheit" sehe ich nur bedingt. Wenn ich es richtig deute erklärst du die Wahrheit durch Logik aus unbewiesenen Aussagen, und die Frage stellt sich ob die erklärte Wahrheit auch als 'wahr' angesehen wird. Hierbei ist zu beachten, dass die erklärte Wahrheit nicht wahrer sein kann als die Aussagen aus denen sie hergeleitet wurde. Des Weiteren erfährt unsere erklärte Wahrheit die erwähnte Einschränkung durch die Formulierung von 'wahr' zu 'w', und umgekehrt. Bei genauerer Betrachtung sind diese Punkte Nebenerscheinungen einer jeden Theorie, und zwar in der Annahme der Korrektheit der Beobachtung und die Annahme der korreketen Verarbeitung der Beobachtung hin zur Theorie. Das Maßgebliche für beide Korrektheiten ist dann die menschliche Fähigkeit. Die Daraus gewonnenen Resultate können dann nur in dem Rahmen 'wahr' sein wie unsere Verarbeitungsweise es zulässt. Es fällt einem dann ziemlich schwer zu glauben, dass unsere Beschreibung der Realität absolut wahr ist, wenn man von den Einschränkungen weiß.

michael matschie hat gesagt…

Es ist Unsinn die wirklichkeit durch Logik zu erklären. Wenn man Logik als Wissenschaft betrachtet dann ist sie keine erklärende Wissenschaft, so wie es Natur- und Geisteswissenschaften sind. Logik ist eine Formalwissenschaft, so wie es Mathematik, Informatik, Systemtheorie und auch Jura sind. Ihr Wesen liegt darin dass sie Lösungen für konkrette Probleme suchen und deterministische Gesätzmäßigkeiten beschreiben. Eine Erklärung der Gesetze ist nicht möglich da sie im System selbst begründet sind (warum sind die Quersummen aller durch 3 teilbaren Zahlen ebenfalls durch3 teilbar?). In der Logik ist das Begriffspaar wahr-falsch auch ersetzbar durch an-aus oder schwarz-weiß.

Ich verstehe Wahrheit als geistige Projektion auf das was wir als nicht-falsch erachten. Etwas ist doch erst dann wahr wenn alle andern Optionen falsch sind.