Shake your Style.

10.01.2008

Härter strafen

Nun denn, eigentlich wollt ich nichts dazu schreiben und mich damit auch nicht mehr befassen, aber heut morgen wartete die Süddeutsche mit einer hervorragenden "Seite3" zum Thema auf, weswegen sich mein Frust ein wenig legte und mich veranlasste, hier in aller Kürze auch mal meinen Senf beizusteuern.

Nachdem nun eine gewisse Anzahl von ungeheuerlichen Vorfällen in Deutschlands U- und S-Bahnen an's Tageslicht (mittels Kameras) gebracht wurde, gab es einen Aufschrei in der Bevölkerung, der nur vom Aufschrei abwahlgefährdeter CDU Ministerpräsidenten und der gesamten Unionsbasis übertroffen wurde. Nachdem bekannt wurde, dass diese Fälle keine Einzelfälle seien, wurden flugs Statistiken herbeizitiert, mit erschreckenden Verzerrungen und vollkommen willkürlichen, populistischen Schlussfolgerungen, siehe hier. So werden nun von Seiten der CDU/CSU, Forderungen nach härteren Strafen für (v.a. AUSLÄNDISCHE) Jugendliche, Erziehungscamps (nach Vorbild amerikanischer Willenbrechungslager(Bootcamps)), sofortiger Abschiebung oder "zum tatkräftigen Einschreiten" befähigtes Sicherheitspersonal in jedem Wagon deutscher Bahnen und dergleichen mehr laut, u.a. mit Wahlplakaten wie diesem.

Natürlich findet eine nüchterne Debatte nicht statt, denn der einhellig ablehnende, sogar entsetzte Tenor der Leute, die wirklich etwas davon verstehen (also Jugendvollzugsbeamte, Richter, Psychologen, Soziologen, etc.), wird überhört. So folgen härten Sanktionen im Regelfall gegenteilige Ergebnisse (höhere Rückfallquoten sowohl mit längeren Haftstrafen, Warnschussarresten oder Bootcamps), bei den hier zu behandelnden leichten bis mittelschweren Vergehen gibt es keine Abschreckungsbedeutung, Ursachengeflechte erfahren noch weniger Bedeutung (was zum einen dazu führt, dass man keinen Schritt vorwärz kommt und zum anderen, dass von "gerechtem" Strafvollzug in immer geringerem Maße gesprochen werden kann), Resozialisierungsprogrammen (bisher die Innovation mit dem besten Erfolg) wird Handlungsraum genommen und schlussendlich führen in einen eigentlich streng rationell und nüchternen Prozess (wie dem Gerichtswesen) getragene, vorurteilsbehaftete und bestimmte Bevölkerungskreise von vornherein diffamierende Parolen, zu einer verstärkten Abgrenzung eben dieser Bevölkerungsgruppen und damit zu einer weiteren Verschlimmerung der Situation. Dankenswerter Weise besinnen sich seit Neustem endlich die Oppositionsparteien (v.a. SPD, Grüne. Linke) mal wieder ihrer Rollen als aufgeklärte, multikulturelle und soziale Kräfte des Landes und versuchen nun in ebenso unproduktiven Klischeegetrampel dem Stammtischgekloppe von mitte-rechts entgegenzustemmen, während Migrantenverbänden nichts anderes einfällt, als Empörungsbriefe an die Kanzlerin zu schicken. Ein Dilemma.

Abschließend möchte ich noch auf die Erfahrungen anderer europäischer Staaten mit kürzlich eingeführten härterem Jugendstrafrecht und den Immitationsvorwurf von Seiten der NPD in Richtung CDU verweisen, und außerdem anmerken, dass mich öffentliche Debatten dieser Art nur noch krank machen und ich in Anbetracht dessen, hiermit mein vollstes Verständnis zur politischen Verdrossenheit bekannt gebe.

6 Kommentare:

mattes hat gesagt…

tach auch.
schlagwort, lieber georg ist konfrontation.
danke für den beitrag. man muß bei aller verständlichen verdrossenheit doch immer wieder mal der wahrheit über roland k.( den ich vor kurzem mit rüdgers verwechselte, was mir schon fast leid tut) und konsorten ins auge schauen. tut zwar weh, muß aber sein.

georg hat gesagt…

Wohl oder übel... jedenfalls möcht noch diese Meldung anfügen

clem hat gesagt…

bei dem aufeinandertreffen von wahlkämpferischer einfallslosigkeit und menschenfeindlicher ideologie in der person roland koch empört am meisten, dass so wenig empörung über die medien transportiert wird.

georg hat gesagt…

Sorry für die ganze linkerei hier, aber dieser muss noch sein link

Christoph hat gesagt…

Beim Thema Roland K. halte ich es mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Peter Struck "Die können mich mal!"

Es freut mich, dass ein ehemaliger Verteidigungsminister sich dem rhetorischen Erbe des ehemaligen Vizekanzlers annimmt, und kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn Ministerpräseidenten vor der Abwahl so viel schiss bekommen, dass sie mit den Ängsten der Bevölkerung spielen!

michael matschie hat gesagt…

härtere Strafen, die hat er jetzt selber. frei nach dem Motto: jetzt muss der Koch den Löffel abgeben.