Shake your Style.

17.01.2009

Bologna reloaded

So einiges haben wir in vergangenen posts schon darüber geschrieben (siehe hier + hier + hier). Vielleicht als Stein des Anstoßes, neuerlich das Thema Hochschulreformen, Bologna-Prozess und Bildungspolitik zu diskutieren, oder einfach nur als gute Nachricht mit bitterem, vielleicht aber eher melancholisch heroischem Beigeschmack, mein Verweis, folgenden Artikel unbedingt zu lesen:

http://www.faz.net/s/RubC3FFBF288EDC421F93E22EFA74003C4D/Doc~E55AD24DD2C5E472A84CA69FCBA13D3ED~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Ich enthalte mich auch weiterer Kommentare, wenigstens vorerst, verweise aber abschließend darauf, dass Marius Reiser hier noch einmal sehr gut all die Dinge zusammenfasst, die auch mir zum Thema durch den Kopf schwirren. Die stellenweise Polemik sei ihm zumindest meinerseits verziehen.

9 Kommentare:

michael matschie hat gesagt…

Zu allererst eine Unterscheidung zwischen Bildung und Wissenschaft: Bildung ist ein Prozess an dem jeder teilhaben sollte der es für sich wichtig findet sich zu bilden, unabhängig vom Inhalt und Form der Bildung. Produkt dieses Prozesses ist das Wissen über einen Gegenstand, einen Zusammenhang oder noch allgemeiner der Einblick in das was die Autorität des Lehrers für wahr hält. Die Wissenschaft (wenn man überhaupt von der einen Wissenschaft sprechen kann) ist dagegen ein loser Zusammenschluss von Denkströmungen und Wissensgebieten auf institutionalisierter Grundlage, für gewöhnlich ist sie in Universitäten und unabhängigen Instituten vor zu finden. Das Ziel jeder Wissenschaft ist es neues Wissen zu formulieren. Um als Wissenschaftler Gehör zu finden, muss man bestimmte Karierestationen absolviert haben (mindestens ein Doktorengrad). Nicht jeder ist dazu berufen Wissenschaftler zu werden. Die Institution Wissenschaft ist demnach hoch selektiv, sogar eins der selektivsten gesammtgesellschaftlichen Teilsysteme (andere Teilsysteme sind Wirfschaft, Politik, Medizin/Gesundheit…). Wenn man es metaphorisch sagen will, ist Wissenschaft ein elitärer Verein von Experten.

Es ist das erklärte Ziel der Politik möglichst viele aus einem Jahrgang studieren zu lassen. Dieses Ziel kann ich persönlich nur unterstützen, da Wissen und Fachkenntnisse den Wohlstand in unserem Land begünstigen, wenn nicht sogar herbeiführen. Das bedeutet aber auch dass, der Anteil an guten Studenten die für höheres bestimmt sind im relativen sinkt. Was soll nun aber mit all jenen geschehen die zwar an einer Universität studieren, aber nicht in die wissenschaftliche Karierelaufbahn einschlagen? Damit fragen wir nach Bildungsziel und Bildungsinhalt. Ein individuelles Bildungsziel mit dem Gedanken „bilde deinen Geist“ ist nur noch dann denkbar wenn die Anzahl an Universitäten in gleichen Verhältnis wachsen würde wie die Akademikerquote, damit ein stimmendes Verhältnis zwischen Dozent und der Anzahl seiner Studenten besteht. Wo sollen aber all die Dozenten herkommen? Natürlich aus der Wissenschaft, die ist aber hoch selektiv und stellt bei weitem nicht so viele Dozenten zur Verfügung wie sie müsste, das soll heißen es gibt nicht genug Personen die in der Lage sind als Dozent gut zu arbeiten. Vielleicht liegt es auch daran dass potenzielle Dozenten sich von der Wissenschaft entfernen und bei anderen Dingen ihr Heil suchen. Schlechter werdende Lehre ist also nicht das Resultat des Bologna-prozesses, sondern der wachsenden Zahl von Studenten bei gleich bleibender Dozentenzahl. Damit wird ebenfalls das individuelle Bildungsziel untergraben, jedenfalls strukturell, da kein Dozent all seine Studenten so fördern kann wie sie (laut Ideal) fördern sollte. Das führt zu weiteren Selektionsmechanismen. Es soll zwar mitunter vorkommen dass sich ein Student dieses Ziel setzt, aber er wird immer wieder enttäuscht und zurückgeworfen. Findet er dann mal einen Brocken Selbsterkenntnis so wird das humboldtsche Ideal der freien Lehre zitiert. Doch der Wind an den Universitäten hat sich gedreht, langsam aber beständig. Es wäre in diesem Zusammenhang sicher lehrreich frühere Einschätzungen über die Zukunft der Universitäten zu lesen, Einschätzungen die aus der Zeit vor Bologna stammen. Ich würde darum wetten dass man sich damals genau die selben Horrorvisionen hatte wie heute und diese mit ähnlichen, wenn nicht sogar gleichen Argumenten begründete. Meiner Meinung sind die Probleme der Bildungspolitik nicht mit Bologna gleichzusetzen. Doch das Schlagwort ist schnell gefallen und dann wird man es nicht mehr raus aus der Diskussion. Ich bemerke immer wieder das es vielen an differenzierter Betrachtung fehlt, denken strengt schließlich an.

Bevor alle auf mich einhacken wie auf einen groben Holzklotz, möchte ich die meiner Meinung entscheidende Frage formulieren um die sich die ganze Diskussion dreht: Was sollen diejenigen lernen die keinen Selbstzweck in Bildung sehen, die nicht lernen um die Wahrheit zu kennen, jene die nicht den Intellekt mitbringen um sich auf hochtrabende Fachgeplänkel einzulassen?

georg hat gesagt…

Okay, dann mal los. Zunächst aber fünf kleine Vorbemerkungen. Erstens, deiner (luhmannschen?) Systemtheorie muss man nicht unbedingt folgen, andere Ansätze und die Idee der Vermengung verschiedenster Teilgebiete sprechen dagegen, d.h., Wissenschaft (auch in institutionalisierter Form, denn sehr wohl wird mit und in Universitäten Politik gemacht, können sie Stätten des Schaffens von Kunst und Kultur sein, gibt es sowohl vertikale als auch horizontale Hierarchien) gilt nicht zwangsweise als von anderen Teilen gesellschaftlicher Ordnung abgrenzbar. Zweitens existieren verschiedenste Arten von Bildung, also nicht eine bestimmte Form. Demnach ist Bildung (vor allem in institutionalisierter Form) sehr wohl auch selektiv. Drittens, und damit zusammenhängend, sind Bildungssysteme stark von der jeweiligen Gesellschafts- und Staatsformen abhängig, entsprechen also weitestgehend den gängigen gesellschaftlichen Erwartungen und Idealen, die an sie gestellt werden. Viertens, und vielleicht am wichtigsten, enthält Wissenschaft (einmal mehr besonders in institutionalisierter Form, denn davon sprechen wir wohl vorrangig) unbedingt Elemente von Bildung, allein die Notwendigkeit bekanntes Wissen nutzen zu können spricht dafür. Fünftens habe ich bisher weniger das Argument fehlender Dozenten gehört, als vielmehr das Problem fehlender Gelder, notwendige Stellen mit den sehr wohl vorhandenen Fachkräften zu besetzen, aber das nur am Rande.

Nun aber zum eigentlichen Punkt, Bologna. Du sprachst vom Fehlen differenzierter Betrachtung und Horrorvisionen aus vergangenen Jahren. Freilich stellte besonders der radikale Anstieg der Studentenzahlen in den frühen 1970er Jahren und den 1980er Jahren, die Einführung der Magisterstudiengänge und der Übergang zur Praxis verstärkten Prüfens, also schlicht der Übergang zur Massenuniversität wie wir sie heute kennen, für viele den Niedergang des damals bestehenden Hochschulsystems dar. Steigende Kosten mit sinkender Exklusivität usw. Passiert meistens bei Umbrüchen, ist aber noch lange kein Argument, keine bewertende Position einnehmen zu dürfen. Schließlich gab's bei Umbruchsprozessen anderer Art, als wahlloses Beispiel meinetwegen die Machtergreifung der Nazis, ebenfalls (wenn auch wenige und leise) Stimmen der Gegenwehr im Vorfeld und währenddessen. Recht hatten sie. In unserem Fall steht am Anfang das schlecht funktionierende, in den Augen vieler: uneffektive Hochschulsystem. Die Erkenntnis, dass sich angesichts schlechter Betreuungszahlen, fehlender finanzieller Mittel (besser: Bereitschaft), "fauler Studenten" und internationaler "Wettbewerbsfähigkeit" (der sog. Bildungs- und Wissenschaftswettbewerb, jaja, warum keine Champions Leaque, die Trophäe sei der Stein der Weisen) etwas ändern müsse, wurde und wird weitgehend geteilt. Schließlich kam es Mitte der 90er zu einer vernichtenden Studie der, aufgepasst: BERTELSMANN-Stiftung, dem deutschen Think-tank der Hochschulpolitik. Was sich wie eine schlechte Verschwörungstheorie anhört, ist leider bitteres Factum und darüber hinaus die einzige für den deutschen Raum durchgeführte Untersuchung. Der für den europäischen Hochschulraum (ein Gebilde, dem seit 2005 45 europäische Staaten angehören und als Abgrenzung zum angelsächsischen und asiatischen "Raum" verstanden werden will) tief greifende Bologna-Prozess nahm seinen Lauf und fand nun auch in Deutschland breite Zustimmung.

georg hat gesagt…

Im Zuge dessen wurde die alte Bibel zum Thema Hochschule (Karl Jaspers „Die Idee der Universität“, 1945) mit den humboldtschen Grundgedanken:
- Einheit von Forschung und Lehre!
- Prinzipielle Zweckfreiheit wissenschaftlichen Forschens (Freiheit von Forschung und Lehre, die übrigens bei uns grundgesetzlich geschützt ist)
- Universalität von Wissenschaft
zu Grabe getragen. Diesem Werk zu eigen ist sicher ein besonders deutliches Maß an überzogenem Idealismus, allein die mittlerweile nicht mehr zu leugnende Ausdifferenzierung der einzelnen Wissenschaftsrichtungen/Fächer und die realpolitischen Anforderungen (Studentenzahlen, „leere Kassen“) sprechen eine deutliche Sprache. Andererseits hast du selbst, Michau, von Wissenschaft als „loser Zusammenschluss von Denkströmungen und Wissensgebieten“ gesprochen und „für gewöhnlich ist sie in Universitäten und unabhängigen Instituten vor zu finden“. Nun ja, anders als im Humboldtschen Sinne (freilich den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen angepasst und demnach sowohl liberalen als auch linken (zb. Voraussetzungen schaffen, damit prinzipiell jeder studieren kann) Strömungen) kann ich mir nun die Zielstellung von Universitäten, Wissen zu erlangen und gleichzeitig weiterzugeben, nicht anders vorstellen, ohne dass dabei die Qualität letzt Genannter zu leiden hätte.

Was sind demgegenüber nun die ganz konkreten Änderungen zur Idee der Hochschule und der Zielstellung von Wissenschaft im institutionellen Rahmen? Ich versuch mich kurz zu fassen und bezieh mich auf die neue Bibel der Hochschulpolitik, „Die entfesselte Hochschule“ von Müller-Böling und die wichtigsten Ziele des Bolognaprozesses:
- Universitäten sind vordergründig: Dienstleistungsunternehmen
- Dies impliziert: Managementmethoden (Qualitätssicherung, Marktorientierung, Berufsorientierung, Rankings etc.)
--> Vorstellungen des Studiums nach Bologna
- Verkürzung der Studienzeit, Effizierung der Wissensvermittlung
- Einheitliche Abschlüsse (Internationalisierung sowie europ. Bewertungssystem)
- 2-stufiges, konsegutives Studiensystem (dritte Stufe: standardisierte Doktorantenausbildung…). Nachträglich Bachelor-Master genannt
- Modulsystem (Standards dessen, was wie gelehrt werden soll)

georg hat gesagt…

Was lässt sich nun dazu sagen? Im Wesentlichen das, was Marius Reiser in dem FAZ-Artikel schon beschrieben hat. Zusätzlich ein paar abschließende Bemerkungen meinerseits:

1.) Die Stärkung der Fachhochschulen wäre eine exzellente Möglichkeit für jene „die nicht lernen um die Wahrheit zu kennen, jene die nicht den Intellekt mitbringen um sich auf hochtrabende Fachgeplänkel einzulassen“. Leider wurde darüber kein Gedanke verschwendet, das Argument abgewerteter Abschlüsse hätte durch bessere Berufsspezifierung wettgemacht werden können.

2.) Da ich es zutiefst ablehne, Wissenschaft als begrenzbares Subsystem zu betrachten und noch viel weniger Geistes- und Naturwissenschaften über einen Haufen werfen möchte, finde ich zum einen die von statten gehende Generalisierung für absolut zweifelhaft und unangemessen, weil in den seltensten Fällen den jeweiligen Anforderungen gerecht werdend und möchte zum anderen darauf verweisen, dass eine Vielzahl (geisteswissenschaftlicher Fächer) keinesfalls über leicht fassbares „(Grundlagen-) Wissen“ verfügt. Abschlüsse sind schon jetzt willkürlich, ihr Stellenwert wird sich weiter erhöhen.

3.) Insofern ich es für den Politikwissenschaftsbachelor in Chemnitz sagen kann, ist die Qualität der Lehre merklich abgesackt, es muss vielmehr Zeit für die Korrektur von Prüfungen etc. verwendet werden. Die im geisteswissenschaftlichen Bereich so wichtigen Hausarbeiten wurden gekürzt um mehr Platz für Klausuren zu haben. Die Seminarwahlfreiheit wurde weitgehend eingeschränkt. --> Die Lehre an Universitäten muss nunmehr als verschult gelten. Und um hier gleich mal die negative Intonation zu erläutern (bevor es zu Widersprüchen kommt): Verschulung bedeutet neben den angesprochenen Umständen auch und in der Folge vor allem Vermittlung von Wissen innerhalb starrer und strenger Abläufe. Das, was gemeinhin unter Freier Bildungswahl und Entfaltungsmöglichkeit verstanden wird, wurde eklatant abgeschwächt.

4.) Der Umstand, dass alle Noten in die Endnote eingehen, resultiert in einem immens gestiegenen Leistungsdruck, was mir bei vielen keinesfalls eine Motivationsspritze zu sein scheint. Die Quote der Abbrecher ist immens, die Liste derer, die vorhaben, nen Master zu machen, mit bundesweiten ca. 20% entgegen den Erwartungen vernichtend gering. Zumal der Bachelor als allein stehender Abschluss (bisher) wenig anerkannt wird.

5.) Das Ziel verstärkter Auslandssemester etc. wurde (bislang) nicht erreicht, im Gegenteil, vor allem aufgrund des Zeitdruckes ist die Zahl der Studenten, die ein Auslandssemester absolvieren (wollen), radikal gesunken. Zudem verursacht das starre Bachelorsystem schon innerhalb Deutschlands, und noch viel krasser im internationalen Rahmen, große Probleme bei Eingliederungen.

6.) Auch als Spitze gegen Michau: Ich persönlich halte eine Zeit von drei Jahren (Regelstudienzeit) für das Studium, obendrein bereits weitgehend vorgeplant (je nach Stand des jeweiligen Bachelorintegrationsprozesses weiter voran geschritten oder nicht), für keinesfalls ausreichend. Ich denke, dass in dieser Zeit Dinge wie Selbstverwirklichung, Persönlichkeitsentwicklung, außeruniversitäres Engagement etc. viel zu kurz kommen, nicht zu Letzt im Hinblick auf Individualisierung- oder fachliche Auslebungsmöglichkeiten, fern ab der zumindest zu befürchtenden, wenn nicht gar schon vorhandenen stärkeren Oberflächlichkeit im Studium (im Vergleich bspw. zum Magister, wo ein „verlorenes“ Semester weit weniger schwer wiegt). Freilich sollten in diesem Punkt einmal generell unsere Vorstellungen/Ideen vom „Studentendasein“ erörtert werden, auch im Hinblick auf den Umstand, dass in Deutschland nun mal nicht jeder in den Genuss eines Studiums kommen kann.

7.) Besonders im geisteswissenschaftlichen Bereich und mit dem Wegfall des Fächerkombinationen, also einer tatsächlichen Form von Interdisziplinarität (anders als bspw. Studium Generale) ermöglichenden Magisters findet eine sehr spezifische Spezialisierung statt. Je nach Auslegung an den Unis entweder inhaltlich radikal begrenzt, dafür aber sehr tief gehend (zb BA Internationales Recht in Dresden) oder weit gefächert, dafür aber flach (zb BA Politikwissenschaft in Chemnitz). Ich halte dies für einen klar zu benennenden Rückschritt, zumindest gegenüber dem Magister.

8.) Die aus Bologna resultierenden neuen Hochschulgesetze sprechen eine deutliche Sprache: Autonomie der Hochschulen meint nicht mehr Freiheit der Forschung und Lehre, sondern Loslösung vom Staat zu Gunsten gesellschaftlicher (und damit: wirtschaftlicher) Interessen, die einen deutlich höheren Einfluss gewinnen. Dies allein hat eine Reihe von Wandlungen zur Folge, für Sachsen bspw. angefangen bei der nun mehr übermächtigen Stellung des Rektorats bis hin zur stärkeren Fokussierung auf Drittmittelfinanzierungskonzepte. In diesem Zusammenhang: Die im Rahmen des Gesetztes enthaltenden Möglichkeiten der Evaluierung nicht nur von Lehrenden, sondern auch einzelner Fächer (Wer braucht schon Romanistik…) führt zu einem Maßnahmenkatalog der Abschaffung, mindestens aber Einschränkung sog. „Taxifahrerstudiengänge“. Ich halte dies für gefährlich und kann nicht verstehen, wie Politik und Wirtschaft den gesellschaftlichen Nutzen von Wissenschaft als in jede Richtung möglichen Prozess messen, geschweige denn, steuern können, zumal deren Erwartungshorizont einzig innerhalb der Spielregeln unseres System wirken kann. Die Vorstellung, Wissenschaft steuern zu können, halte ich für absurd.

9.) Und letztens (bitte entschuldigt die Unordnung, es lebe das Chaos): Von Freiheit der Forschung, die auch nach Bologna mit der Lehre eng zusammenhängt, kann kaum mehr die Rede sein, das Stichwort heißt hier: Modularisierung, d.h., standardisierte Einheiten, mit der Voraussetzung, standardisiertes Wissen zu besitzen. Siehe 2. Hinzu kommen solche Ideen wie Evaluierung von Professoren und Lehrkräften und die daraus folgenden Klassifikationsmechanismen. Hört sich an sich vielleicht nicht vollkommen verwerflich an, ist aber einerseits in der Praxis keinesfalls gerecht durchführbar und andererseits ist es überhaupt nicht vorgesehen, einen breiten, hohen Lehrstandard zu schaffen, sondern nach einem komplizierten Schlüssel (am wichtigsten sind bspw. Anzahl von Publikationen) wird vielmehr die „Leistung“ des jeweils „Fachbesten“ gemessen um anschließend alle anderen unterzustufen. Steht ja schließlich nicht unbegrenzt Geld zur Verfügung.

Soviel nun erstmal von mir, auf Excellenzinitiativen und Studiengebühren will ich erstmal nicht zu sprechen kommen, gehört auch primär nicht zum Thema.

michael matschie hat gesagt…

Zu deinen Vorbemerkungen: Es gäbe verschiedene Arten von Bildung behauptest du. Nenn sie mir, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden. Und ich habe nie behauptet Bildung hat einen bestimmten Form, wie sollte die denn auch aussehen. Dein drittens ist mir irgendwie unheimlich, diese Nebelbombe muss noch einmal erläutert werden. Diese Aussage ist entweder eine Tautologie oder inhaltleer, denn du lässt hier offen welche Ideale und Erwartungen an die Universitäten gestellt werden. Dass man an Universitäten nicht töten darf ist selbstverständlich und andererseits entspricht die Universität nicht die Idealen und Erwartungen, denn sonst musste man sie nicht von außen reformieren. Dieser Fakt ist als solcher ebenfalls eine nähere Betrachtung wert. Wieso waren die Hochschulen nicht selber in der Lage einen Bolongaprozess voranzutreiben, sie hätten ein Interesse daran.
Und zu fünftens kann ich nur sagen dass plötzlicher Geldsegen die Probleme nicht lösen würde. Finanzielle Argumente haben immer auch die Kehrseite dass Geld auch richtig gehandhabt werden muss. Eine Formel wie mehr Geld = bessere Lehre, wird ihre Grenze schnell zeigen. (zB es werden endlich die für die Lehre so dringen benötigen neuen Computer angeschafft, mit denen die Studenten dann doch nur im studivz surfen)

Georg Schrieb:
Nun ja, anders als im Humboldtschen Sinne (freilich den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen angepasst und demnach sowohl liberalen als auch linken (zb. Voraussetzungen schaffen, damit prinzipiell jeder studieren kann) Strömungen) kann ich mir nun die Zielstellung von Universitäten, Wissen zu erlangen und gleichzeitig weiterzugeben, nicht anders vorstellen, ohne dass dabei die Qualität letzt Genannter zu leiden hätte.

Damit plädierst du also für eine Universität, in der auf Kosten der Allgemeinheit nur dann eine Ausbildung angefangen werden kann, wenn der Einzelne die Qualität der Lehre nicht mindert. Aber wo soll die Grenze gezogen werden? Du unterwanderst das Egalitätsprinzip mit der Begründung, dass die Qualität der Lehre gewahrt werden muss. Du stellst wenig später sogar die Frage warum Fachhochschulen nicht mehr Studenten aufnehmen, zugunsten der Universität natürlich. Das liegt am Wesen der Fachhochschule selber. Eine Fachhochschule ist gegenüber der Universität nur dann für Studienanfänger interessant wenn sie ein besseres Lehrangebot anbieten kann. Persönliche Betreuung ist hier das Schlüsselwort, mitunter auch technische Ausstattung. aber nur im seltenen Fällen berufsnahe Ausbildung, das ist in Wahrheit der Preis für das bessere Lehrangebot. Und sie erkaufen es sich durch Exklusivität. Das ist die einzige Überlebensmöglichkeit gegen die Konkurrenz der Universitäten. Man bietet eine bessere Lehre, welche dadurch gewährleistet ist dass sie nur von Ausgewählten in Anspruch genommen werden kann und bezahlt das damit dass der wissenschaftliche Standart innerhalb der Lehre gesenkt wird. Wer jetzt fordert Fachhochschulen sollten doch bitte all jene aufnehmen die keinen Wert auf den wissenschaftlichen Standart legen, der degradiert Fachhochschulen zu einem weiterführendem Gymnasium. Wenn man sich nur noch einmal das Zitat durchliest, erkennt man dass Georgs Forderung am die Lehre an Universitäten gerade von den Fachhochschulen erfüllt wird.

Georg schrieb:
Abschlüsse sind schon jetzt willkürlich, ihr Stellenwert wird sich weiter erhöhen.

Den Satz verstehe ich nicht. Der ganze Punkt 2 deinen Abschlussüberlegungen ist wirr und nicht sachlich. Bei Punkt 6 schreibst du nur „ich halte…“ oder „ich denke…“, vollkommen ohne Begründung. Was aber die Selbstverwirklichung, Persönlichkeitsentwicklung und so ein Zeug angeht, musst du zugeben dass der Vergleich zwischen Bachelor und Magister nicht zählen kann, weil der eine 3 Jahre und der andere mindestens 5 Jahre geht. Die Zeit vergeht ja für alle gleich schnell oder auch langsam. Wie kann man sich den in 3 Jahren so entwickeln dass auch locker 5 Jahre hätten vergangen sein? Oder ist man nach 3 Jahren Magister genauso weit entwickelt wie nach einem ganzem Bachelor? Kann man das überhaupt losgelöst von einem bestimmten Individuum betrachten, und dann noch vergleichen? Das Selbe (der Sachverhalt der Zeit) gilt für die Anzahl der Auslandssemester.

Der Bolognaprozess hat durchaus Ziele die schon hätten längst erreicht sein müssten. Eine standardisierte Evaluation von Dozenten ist ein Instrument welches für Studienanfänger, die Politik oder Wirtschaft sehr nützlich ist, um sich in einer immer komplexer werdenden Gesellschaft zu orientieren. Vorschläge für Evaluationsmechanismen liegen der Hochschul-Rektorenkonferenz schon seit ende der 80er Jahren vor. Es wurde immer abgelehnt, da viele Rektoren zurecht befürchteten schlecht abzuschneiden. Und damit nicht mehr mit den Defiziten Anderer ablenken zu können, schließlich liegen die Zahlen ja vor. Viele Universitäten hatten handlungsunfähige Gremien, die selten zusammentrafen und nur vereinzelt zu Entscheidungen fähig waren. Misswirtschaft und Konzeptlosigkeit sind dabei Weggefährten vieler auch ruhmreicher Universitäten. Zur Verteidigung wurde die Freiheit der Lehre und Forschung vorgehalten, doch Freiheit erlaubt nie alles. Jetzt da die Politik handeln musste, regen sich natürlich aller auf. In dem geschändeten Elfenbeinturm werden einige Professoren jetzt sicherlich von Verrat an den Idealen sprechen. Es wird sicherlich nicht alles sofort besser, so manche neue Studienordnung wird sicherlich noch einige Male überarbeitet werden müssen. Zum Leidwesen vieler Dozenten und auch der Lehre. Doch es wird sich bessern und nach der kollektiven Erregung wird der Alltag wieder einzuhalten, da sich viele Professoren mit den neuen Regelungen insgeheim angefreundet haben. Es gibt viele Schreihälse unter den Professoren, aber auch das was „verhältnismäßige geringe Gegenwehr“ genannt wird. Wie ist das anders zu werten als Die Einsicht in die Notwendigkeit von Bologna?

georg hat gesagt…

Zu den Arten von Bildung, da habe ich dich ein wenig missverstanden, sorry. Dennoch gibt es natürlich verschiede Arten von Bildung, angefangen bei inhaltlichen Unterschieden (mathematisch, sprachlich, allgemein usw) bis hin zur Art der Wissensvermittlung (Gesamtschulkonzepte, Walddorf vs. Schule wie wir sie kennen usw.). Um nur einige zu nennen.
Was soll an der dritten Vorbemerkung nebelig sein? Bestreitest du die Existenz von Bildungsidealen, also eine, selbstverständlich nur schwer fassbare, aber dennoch abgrenzbare Erwartungshaltung einer Gesellschaft, die sie an die konkreteste und wichtigste Bildungsinstitution, die Schule, stellt? Kinder sollen nicht irgendwas und irgendwie lernen. So ist eine wesentliche Zielstellung unseres (deutschen) Schulsystems die Vermittlung von möglichst viel Wissen unter Verwendung von sehr starren Abfragungsverfahren. Wende deinen Blick zb nach Nordeuropa, dort ist es stellenweise anders.
Erwartungen an Universitäten sind ein anderer Punkt, um dennoch darauf einzugehen: Ebenso von der Gesellschaft abhängig, worauf ich im Wesentlichen hinaus wollte. Die Erwartungshaltung zu klären ist eine Sache und sicher relevant. Aber ganz davon abgesehen: Ist es denn wünschenswert, Bildung-, und ich zähle Universitäten dazu, aber auch Forschungsinstitutionen (hier natürlich vordergründig Universitäten), jenen preiszugeben? Schließlich resultieren diese fürchterlich schwammigen, und ich betone noch einmal: schwer greifbaren, Erwartungshaltungen aus einer Vielzahl von Einflussfaktoren, die zum Teil irrational sind und keinesfalls zwangsweise den besseren Weg aufzeigen.
Zu der Frage „Wieso waren die Hochschulen nicht selber in der Lage einen Bolongaprozess voranzutreiben“: Ich streite nicht eine konservative Stagnation der Universitäten ab, aber niemals, und so war es bei umfassenden Bildungsreformen immer, können solche Prozesse losgelöst von wirtschaftlichen und politischen Einflüssen sein. Im Gegenteil: Diese bilden in der Regel die wichtigsten Triebkräfte. Außerdem, und scheinbar war ich nicht deutlich genug, ist eine Trennung von innen und außen, von Universitäten und Staat/Wirtschaft/etc wenig haltbar. Denn auch vordergründige Passivität als solche kann aus völlig ungleichmäßig verteilten Machtverhältnissen resultieren. Wirtschaftliche Interessen und gesellschaftliche Erwartungshaltungen, partizipiert durch die Politik, sind meist ungleich schlagkräftiger, nicht aber zwingend, und ich wiederhole mich: besser.
Und abschließend zu deinen Bemerkungen zu meinen Vorbemerkungen (wie schön): Ich gebe dir recht, Verteilung von Geldern ist eines der vordergründigen Probleme. Nichts desto Trotz ist es schlichtweg falsch, dass es zuwenig Fachkräfte für die Universitäten gäbe.

Zunächst nun zum Thema Fachhochschulen: Ich meinte nicht, bestehende FHs mit Studenten vollzustopfen. Die FHs hätten gestärkt werden können/sollen! Das hieße Ausbau, Verbesserung, weitaus größere finanzielle Zuwendung, etc. Natürlich mit der Folge, mehr Studenten aufzunehmen, vornehmlich eben solche, die den schnellen und effizienten Einstieg in das Berufsleben anstreben. Wie kommst du darauf, dass FHs nicht berufsnah ausbilden??? Dieser Punkt ist mir vollkommen schleierhaft, es würde an ihrem Wesen vorbeigehen. Und selbst wenn es so wäre: Dann müsste in diesem Bereich Verbesserung geschaffen werden.
„Wer jetzt fordert Fachhochschulen sollten doch bitte all jene aufnehmen die keinen Wert auf den wissenschaftlichen Standart legen, der degradiert Fachhochschulen zu einem weiterführendem Gymnasium“: Ja und noch mal Ja, was soll daran schlecht sein, sofern es den Anforderungen der Wirtschaft genügt? Und um das klarzustellen: Für Studenten, die an einem Mehr interessiert wären, also wissenschaftliche Tiefe suchen, blieben die Universitäten! Wer jetzt fordert, Universitäten sollten berufs- und wirtschaftsnäher Ausbilden, der degradiert diese zu weiterführenden Gymnasien! Ich halte das für weitaus schlimmer und um die Präsenz dieser Forderung zu unterstreichen: Diese Forderung habe ich nahezu wortgleich in Vorträgen sowohl von Sachsens Wissenschaftsministerin Eva Maria Stange als auch Ministerpräsident Milbradt gehört.
Zu meinen Forderungen an die Lehre an Universitäten: meine Einschränkungen bezogen sich auf nicht abstreitbare Strukturzwänge, die aber den Idealen untergeordnet, allenfalls eben einschränkend, gegenüberstehen sollten. Dies impliziert Freiheit und Einheit von Lehre und Forschung. FHs haben mit letzter relativ wenig zu tun.

Ich bezog mich zur These nach der Willkür von Abschlüssen vor allem auf die Geisteswissenschaften, weil die Masse an möglichem Wissen dermaßen groß ist, dass selbst Professoren vornehmlich Spezialisten sind. Ein Magisterabschluss in Philosophie bspw. ist nur ein äußerst vager Hinweis, in wie fern betreffende Person tatsächlich die Inhalte dieses Faches aufgenommen hat. Der Abschluss ist also zu einem nicht geringen Teil willkürlich. Durch das 2-stufige Studiensystem mit zwei Abschlüssen verstärkt sich dieser Umstand, dass scheint zumindest mir eine logische Konsequenz.
Allgemein zum 2. Punkt: Die von mir kritisierte Generalisierung meint den Bolognaimpliziten Versuch der Gleichschaltung von Studiengängen an verschiedenen Unis mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Dies vermindert die Möglichkeiten sowohl universitätsinterner, als auch auf den Hochschulraum bezogener Lehrangebote.
Dass Studiengänge der Natur- und Geisteswissenschaften sowieso anders aufgebaut sind, ist der nächste Aspekt dieses Punktes. Sie sollen nun über ein ähnliches strukturelles System durchgeführt werden. Dabei sind ihre Bedingungen völlig anders, zumindest erscheint es mir wesentlich weniger abwegig, Mathevorlesungen in der Physik als Modul anzubieten, als Übungen zur Politischen Theorie.

Natürlich kann man Selbstverwirklichung, Entfaltungsmöglichkeiten etc. nicht wirklich messen. Man kann aber Rahmenbedingungen definieren, die für diese Dinge von Relevanz sind und anschließend miteinander vergleichen. Ich habe mich hierbei natürlich nicht vordergründig auf die drei Jahre bezogen, sondern an Bedingungen wie vermehrten Prüfungsstress, kontinuierlichen Leistungs- und Zeitdruck (bspw. vom Prüfungsamt kontrollierte Abgabefristen von Hausarbeiten), zurückgegangene Möglichkeiten, Semester für die Bearbeitung besonderer Themen (eine Hausarbeit bspw., beschäftigt man sich besonders tiefgründig damit, kann und sollte auch mal länger als einen Monat dauern können), oder studienunabhängiger Beschäftigungen zu verwenden und drastisch eingeschränkte Wahloptionen im Studienfach gedacht, um das mal ein bisschen einzugrenzen. Natürlich geht dem Ganzen eine gewisse Subjektivität voraus. Es wäre hierbei sicherlich von Interesse, wie du/ihr das siehst/seht.
Als darauf bezogene, persönliche, präventive Randbemerkung um Missverständnissen vorzubeugen: Du solltest deinen relativ lockeren Soziologiebachelorstudiengang in Chemnitz nicht als Maß nehmen. Er stellt die Ausnahme dar.
Zum Thema Auslandssemester: Hier geht es nicht um die Anzahl, sondern um Ja oder Nein, auch im Master sind diese, wenn nicht explizit von der jeweiligen Studienordnung vorgeschrieben, kaum mehr durchführbar, und wenn doch, dann wird erwartet, in selbigen eine bestimmte Anzahl von Creditpoints zu erwerben, etc. Dies ist jedoch vielfach illusorisch, da es eben (bisher) nicht zur gewünschten Angleichung gekommen ist, nahezu überall werden die Bolognafeststellungen anders interpretiert, bzw. wie im Fall Großbritanniens, Teile selbiger schon wieder verworfen! Ganz davon abgesehen ist es eben dennoch diese kurze Zeit, und ich wiederhole mich, weniger als ein Drittel machen den Master (mehr ist auch nicht vorgesehen), welche zu diesen Verwerfungen führt.

Nur kurz am Rande, und ich möchte nicht kleinlich wirken, aber bitte lies noch einmal Punkt 6. So vollkommen ohne Begründung scheinen mir meine subjektiven Einschätzungen nicht zu sein.

Ich habe Betreff deines letzten Absatzes nicht behauptet, dass Evaluierungsmaßnahmen von Lehrenden prinzipiell und von vornherein abzulehnen sind, und ich gebe dir Recht, dass die vorhandene Professoren zu großen Teilen einem Haufen egomanischer, schlaffer Säcke gleichkommt, was sie eindrucksvoll in ihrer Gutgläubigkeit (Bolagna is ja europäisch, das kann nur gut sein, toll, endlich ein geeintes Bildungseuropa) aka Passivität in der Reformdebatte der letzten Jahre unter Beweis stellten. Ich habe aber sehr wohl den Sinn der nun neu eingeführten Maßnahmen kritisiert, um mich zu wiederholen: 1. ungerecht, weil größtenteils Faktoren wie Veröffentlichungen und weniger Qualität der Lehre und überproportionales Engagement für Studierende Beachtung finden, auch hängt die Einschätzung zu großen Teilen von Drittmittelattraktivität ab) und 2. ungleich, weil wie gesagt eine Abstufung vom „Besten“ abwärts stattfindet.

Nun gut, dann hoffe ich mal ein wenig mehr klargestellt haben zu können.

michael matschie hat gesagt…

Wir sollten uns die Erwartungshaltung an Universitäten und das Bildungssystem ruhig mal genauer anschauen. Sie sei komplex und widersprüchlich, sagst du Georg. Na dann nichts wie rein da, sag ich. Dazu passt ja unser bisheriger Strang mit den Fachhochschulen ganz gut.
Es ist häufig die Rede von berufsnaher Ausbildung, aber was heißt das denn genau. An Fachhochschulen ist die Ausbildung an genauen Berufsbildern orientiert, es werden Schwerpunkte in der Lehre gesetzt, die an zukünftigen Arbeitsplätzen relevant sind. Man bildet Spezialisten aus, die auf ihr Fachgebiet versiert beherrschen. Die Zahl denkbarer Arbeitsplätze ist begrenzt, aber dadurch dass sie Spezialisten auf ihrem Gebiet sind, ist ihnen ein schneller Zugang zu diesen Arbeitsplätzen sicher. Viele Studiengänge an Fachhochschulen sind Nischenprodukte, die nicht massentauglich sind. Hiermit ist das Prinzip der Exklusivität gemeint. Wenn die Zahl der Spezialisten steigt verliert die Fachkenntnis an Wert und Bedeutung und damit auch die Ausbildung an Fachhochschulen. Universitäten gehen einen anderen Weg, sie setzen eher darauf dass ihre Absolventen in der Lage sind sich Wissen selbstständig anzueignen. Methodik rückt also stärker in den Vordergrund, und dabei kann man getrost Natur- und Geisteswissenschaften über einen Kamm scheren. Mir liegen noch zwei Bemerkungen am Herzen: 1. Für statistische Vergleiche zwischen Magister/Diplom und Bachelor/Master fehlen die notwendige Datensätze, als dass diese Statistiken representativ wären. Falls du georg dennoch nicht darauf verzichten kannst Zahlen und Prozente zu nennen erwarte ich eine Quellenangabe. 2. Den wissenschaftlichen Standart sollten wir in allen weiteren Gedanken zum Thema Uni vs FH raus streichen, da er weder vergleichbar noch messbar ist. Und das Wort Standart impliziert genau diese Eigenschaften. Ein Standart erlaubt Vergleichbarkeit bei Ungleichkeit.
Da sind wir auch gleich beim nächsten Schlagwort: Standart/Standardisierung. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwähren dass hier auch noch einiger Zündstoff steckt. Ich lese aus deinem Subtext (freie Interpretation) dass der Standart des Bachelors (wenn es ihn überhaupt gibt) die Freiheit der Lehre einschränke. Ich sage: Ein Standart setzt Grenzen und keine Freiheit ohne Grenzen. Also keine Freiheit ohne Standart (jedenfalls in der Lehre). Bitte um Stellungnahme…
Deine Willkür der Abschlüsse bezieht sich auf inhaltliche Aspekte des entsprechenden Faches. Aber ein Abschluss ist weit mehr als das, er beweist dass du in der Lage bist einen gewissen Standart zu erfüllen und (noch viel wichtiger) was den Uniabschluss angeht auch die Fähigkeit eine Aufgabenstellung eigenständig zu gestallten und lösen. Darin besteht hauptsächlich die Qualifikation eines Magister/Bachelor/Diplom/Master.

Selbstverwirklichung/Persönlichkeitsentwicklung ist etwas das jeder Mensch für sich sucht und manchmal auch findet. Ich halte nichts davon Rahmenbedingung bei Universitäten herbeizureden die der SV eine spezielle Färbung geben sollten, damit tust du allen die nicht studieren unrecht. Es handelt sich dabei um Prozesse die im privatem, fast schon intimen, Bereich geschehen, nicht im Seminarräumen.
Auslandsemester sind in Bachelor genauso möglich. Wie kommst darauf das es schwieriger sei? Da scheint es wohl Vorurteile und Ressentiment zu geben, wie auch in deinem 6Punkt.

Der Evaluationsschlüssel bei Professoren ist wirklich nicht perfekt, da gebe ich dir wohl recht. In den nächsten Jahren wird es da sicherlich noch einige Anpassungen geben um dieses Instrument zu verbessern.

Und noch mal ganz allgemein, ohne persönlichen Bezug: Wenn ein neues System eingeführt wird, läuft es nie perfekt. Doch Mängel allein reichen nicht aus um eine Verurteilung zu rechtfertigen. Ich sehe nur blinden Hass und Zorn auf die aktuellen Veränderungen, früher war ja schließlich alles besser. Kritik macht nur dann Sinn wenn daraus Verbesserungen resultieren, das ist jedenfalls mein Standpunkt. Jeder kann meckern und argumentative Gleichmacherei betreiben, ohne selbst Stellung zum Vergangenem zu beziehen. Es entstehen gerade neue Möglichkeiten und Chancen. Wer hochnäsig darüber hinweg sieht, wird nur Frust und Bitterkeit finden. Schluss mit dem Kulturpessimismus!!!

michael matschie hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
clem hat gesagt…

Michau, ich finde deine Schlüsse respektabel und gültig. Allerdings nur ausgehend von deiner Definition von Wissenschaft als "elitärer Verein von Experten" und der Abgrenzung gegenüber "Bildung". Meiner Meinung nach hast du diese Begriffe weiter auseinandergerückt als sie ihrer Idee nach tatsächlich voneinander entfernt sind.

Georg hingegen spricht von Wissenschaft als einem "in jede Richtung möglichen Prozess".

In den Begriffen liegt bereits ein wesentlicher (wenn nicht sogar der) Hase im Pfeffer, was den Konflikt eurer Denkweisen angeht.

Ich verstehe die Begriffe so:
Bildung ist die kreative, erkenntnisorientierte Auseinandersetzung mit einer Sache.
Wissenschaft ist Bildung auf hohem Niveau.

Daher tendiere ich sehr stark zu Georgs Auffassung, deren abstrakten Kern ich in der Aussage "Wissenschaft steuern zu können, halte ich für absurd." zu erkennen glaube.