Shake your Style.

18.06.2007

Wer hat die Zeitachse vom Montag kaputtgemacht?

Nach einer schönen Wochenend-Liajson aus Martins Gebultstagsfeiel in Leipzig, Lydias weiterempfehlenswerter Gastfreundschaft und der BRN, auf die ich mich schon so gefreut habe, klingelte für mich heute morgen um 3 Uhr Antjes Handywecker, und ich machte mich mit dem Fahrrad selbiger Person und dem Lohn eines guten Prüfungstermins vor Augen fest entschlossen auf zum Albertplatz, wo mich mein verbündeter Martin antraf und mir mitteilte, dass er die Milch für den Kaffee vergessen hatte. Wer mein Konsumverhalten kennt, kennt mich noch lange nicht, weiß aber, dass mir die fehlende Milch die Nacht nicht leichter macht. Der verstaubte Knarzegang des Physikgebäudes war mit einer Hand voll in Schlafsäcken eingerollten Zuvorkömmlingen ausgelegt, die uns höflich zu verstehen gaben, dass das Licht nicht zum Spaß aus ist, sodass wir uns raus unter den noch dunklen Himmel mit dem noch dunkleren Kaffee setzten und schwätzten. Die Zeit verging auf fremdartige Weise und wir waren mal munter und mal wach, insgesamt entspannter als beim letztwöchigen Pendant dieser Aktion, als im Gang der Physikermob vor sich hin schwafelnd, die Nervenlast zum Bersten bracht. Das eigentliche Anmeldeprozedere verlief unspektakulär, was die beste Quittung dafür ist, dass man früh genug aufgestanden ist. Auf dem Rückweg erdrückte uns der Wunsch nach Nahrung und wir versorgten uns am Bahnhof Brotbelag und Brötchen. In der Bahn begegnete ich einem Studenten, der sich zum Diplom angemeldet hatte und den ich mit Band gestern bei einer schönen kleinen gesanglosen Post-Rock-Performance unsicher wiederzuerkennen glaubte. Ich tat ihm meinen Gefallen an deren Musik kund, was ihn sehr freute und wenig später saßen Martin und ich um 7.45 Uhr mit Nachmittagsgefühl vor dem Frühstücksfernsehen. Als Antwort auf gestrigen Beitrag von André sei nur nochmal erwähnt:

  • Real Madrid ist Meister und bei der Feier in der Heimat kam es zu 100 Verletzten und einem Dutzend Festnahmen. Wenn geübte Infotainmentmuschis "Dutzend" sagen, klingt es nach einer ungeheuerlich großen Zahl, die man wegen ihrer schockierenden Größe mit diesem Synonym vorsichtig umschreibt.

  • Das Sicherheitssystem, welches Formel1-Fahrer bei Unfällen am Abnippeln hindert heißt Hans und besteht im Wesentlichen neben dem Helm aus einem kleinen Sitzähnlichen Po-Aufsatz.

  • Unter dem Titel "Sommer, Sonne, Seefeldt" hat Lars Seefeldt (der Deutsche-Badeseen-Experte vom ZDF-Morgenmagazin) den Walchensee im bayrischen Süden sehr positiv bewertet.

  • Das Sat1-Frühstücksfernsehen hat als Gast einen Vertreter einer neuen Medienhurengattung, deren Hype kurz bevorsteht: Schwule dicke Promi-Blogger. Sie kombinieren eine gewisse eher unmännliche Tratschsucht mit Soft Skills und rudimentären PC-Kenntnissen, um sich einen Namen zu machen. Im Fernsehgespräch hat der Internetmogul seine Insider-Anekdoten dermaßen ungefragt rausgeschüttelt, dass selbst der in Promiklatschgehässigkeit nicht ungeübte Moderator mit passiver Lächelakrobatik kaum hinterherkam. Wenn so ein Blogbetreiber erstmal im großen Geschäft angekommen ist, werden ihm im Zuge medienkollegialer Racheakte dutzendweise anonyme Emails mit Paparazzi-Fotos vor ihrer Veröffentlichung zugespielt, und es läuft praktisch von selbst. Die Werbeeinnahmen finanzieren den Lebensstil und auf SAM heißt es dann zwei Jahre später, er sei "ein Mann mit vielen Fans und Feinden".

  • Zwei Sender zeigen Alpenpanoramas mit Blasmusik, die sich verblüffend ähneln. Martin bemerkt nach wiederholt wechselndem Umschalten, dass das Wiener Land weniger hinterweltlerisch daherkommt.

  • Frauen und Männer in lächerlich idealen Traumkörpern und pornografischer Pose lassen alles erdenkliche mit dem Vibroshape-Massagegürtel wackeln und faulenzen sich sexy.

  • Mit Martin bestätigt endlich jemand meine These, dass man Sturm der Liebe nach der Uni lieben kann wie man will (und das tun wir beide, so heterosexuell wir auch sein mögen), am Vormittag erträgt man nichtmal eine Wiederholung.

Nach einer Stunde hat sich mein Mitstreiter zum Lernen verabschiedet, ich denke aber, dass er schläft. Ich selbst legte mich in eine warme Badewanne, um mich von dem langen Morgen etwas aufzuwärmen und dann auf die Couch, wo ich folgenden Traum hatte:
Martin und ich haben den Prüfer besucht, und ich fragte: "Da wir bei ihnen demnächst die Prüfung in theoretischer Physik ablegen, möchten wir uns erkundigen, welchen Stoff sie abfragen wollen, da es bei manchen Prüfern normal ist, gewisse Inhalte auszugrenzen oder zusätzlich zu fordern." Wir hatten uns vorher ausgemacht, die Bemerkung "oder zusätzlich zu fordern" für den frechen Coolness-Faktor anzufügen. Die Antwort fiel ernüchternd aus: "Ja, ich hätte gerne noch die Quantentheorie dazu." Ich glaube nicht, dass dieser Traum Prüfungsangst bedeutet, denn wir haben recht gelassen reagiert. Was mir eher zu denken gibt, ist dass Martin in Wirklichkeit einen anderen Prüfer hat, als ich.

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Klarstellende Anmerkungen:

1. Sexismus. Ich gestehe hiermit der Fairness halber, das Wort Infotainmentmuschi Max Goldt entliehen und mich dabei bestens gefühlt zu haben. Es ist gut, dass dieser treffende Begriff geschaffen wurde und er wird meinen Mund nicht das letzte Mal verlassen haben. Es bleibt die Frage, ob es sich hierbei überhaupt um eine Beschimpfung handelt.
2. Männliche homosexuelle. Wie die Nymphomanin der Feministin - und nicht der verschwitzte Bauarbeiter mit seinen chauvinistischem Weltbild - ist die (nur wegen ihres Auffalens so scheinbar stark vertretene) gemeine Medien- und Diskothekenschwulette der wahre Feind der homosexuellen Gleichstellung. Sie provoziert jedermanns Toleranz bis zur Schwachsinnigkeit. Und Menschen, die schrill und sinnlos rumgackern dürfen, verdienen unabhängig von ihren Neigungen keine Unterstützung.

2 Kommentare:

Ändy hat gesagt…

Schöne Aufzählung haste da gemacht, die muss ich mir gleich mal abschaun.

georg hat gesagt…

So soll es also sein, auch ich träumte neulich in der Prüfung meinem Dozenten gegenüberzustehen. Ich habe gelacht und Blödsinn erzählt und gelacht, hysterisch gelacht und gekichert. Und bin wohl durchgefallen.